Donnerstag, 9. Mai 2024, Eröffnungsshow
Es ist ein lauer Frühlingsabend um 19.30 Uhr, als sich die Türen zu einem Raum öffnen, der vom Veranstalter vielleicht ein wenig zu enthusiastisch als „atemberaubender Spiegelsaal“ beschrieben wird. Im Spiegelsaal der Harmonie im ETA Hoffmann Theater Bamberg findet am Donnerstag (9. Mai 2024) die Eröffnungsshow des Bayernslams 2024 statt.
“Endlich wieder Festival”- Poetry Slam in Bamberg
“Endlich wieder Festival” quittiert der Mitveranstalter und Poetry Slammer Oliver Walter, den ich vor Beginn der Veranstaltung treffe. Dieses Wochenende treten nun wieder die besten Poetry Slammer*innen aus ganz Bayern gegeneinander an. Seit 2019 ist es das erste Mal, dass der Bayernslam in dieser Form stattfindet. Das Ziel: den oder die beste bayerische Meister*in U20 und Ü20 küren. Doch es geht nicht nur um den bayerischen Meister*innen-Titel, erklärt Oliver Walter. Die ersten drei Finalist*innen qualifizieren sich gleichzeitig für die deutschsprachigen Slam-Meisterschaften. Heute ist jedoch erstmal Eröffnungsshow und alles noch entspannt, morgen hingegen beginnt der Wettbewerb an verschiedenen Standorten in Bamberg, unter anderem in der Villa Concordia und im JUZ. Veranstaltet wird der Bayern Slam vom Verein Kulturschock, der in Franken, vor allem in Nürnberg, mehrmals pro Monat Poetry Slams organisiert.
Gegenderte Grüße an Markus Söder
Zurück in den atemberaubenden Spiegelsaal der Harmonie, der zumindest ein harmonischer Saal mit Spiegeln ist, das muss man ihm lassen. In den tritt Oliver Walter mit den Worten “Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um zu klatschen”, was das Publikum auch brav befolgt. Nachdem um ein kurzes Stimmungsbild gebeten wird, wer trotz Vatertag noch nüchtern ist (immerhin mehr als die Hälfte), richtet der dritte Bürgermeister Bambergs Wolfgang Metzner noch begrüßende Worte an das Publikum, in denen er mit schelmischer Freude so offensichtlich gendert, dass man vermuten könnte, er möchte einen Nervenzusammenbruch des bayerischen Ministerpräsidenten herbeigendern. “Seit es verboten ist, macht es noch mehr Spaß”, kommentiert Metzner und seine mehr oder weniger subtilen Grüße an Markus Söder nach München werden mit lautem Applaus belohnt.
Die erste Hälfte des Programms ist eine wilde Mischung aus musikalisch-komödiantischen Einlagen über Bundesländer und Igelbabys von El Mago Masin (bei dem der dritte Bürgermeister Metzner ein eher weniger echtes Posaunensolo improvisiert), Texten über Kartoffeldönerbratwürste (ein Symbol der Vielfalt) und die Kunst, sich den Klimawandel schön zu reden (“Je öfter ich für fünf Tage an’s Meer fliege, desto schneller kommt das Meer zu mir!”) von Oliver Walter.
Poetry Slam als Ausbruch aus der Komfortzone
Letzterer steht bereits seit über 8 Jahren auf der Bühne und das, obwohl er selbst von sich sagt, früher sehr schüchtern gewesen zu sein. Poetry Slammen sei eine Möglichkeit für ihn gewesen, die eigene Komfortzone mal zu verlassen: “Und gerade die Bühne ist auch noch mal eine andere Herausforderung als jetzt Vorträge oder Reden im Business Bereich zu halten, weil man halt beim Poetry Slam mit der Jurywertung oder Applausabstimmung sehr direktes Feedback bekommt und das finde ich gerade sehr spannend. Und ja, da wächst man schon dran.”
Die Ideen für seine Texte bekommt Oliver Walter oft aus Alltagsbeobachtungen, die teilweise so absurd sind, dass ihm nicht geglaubt wird, dass er sich diese nicht ausgedacht hat. Auf die Frage, ob es wehtut, wenn mal niemand lacht, antwortet Oliver Walter folgendes:
“Im ersten Augenblick tut’s schon weh, das muss man ganz klar sagen. Man muss da immer schauen, woran es liegt. Ich hatte es auch schon, dass ich irgendwo so ‘ne Zeile – ohne mir was zu denken – reingeschrieben hab und die Leute brechen ab vor Lachen und man merkt selber: Oh, da hast du ja aus Versehen einen richtig guten Witz geschrieben. Und andere, die man sich ewig lang überlegt hat und sich gedacht hat: ‘Das ist ‘ne super Pointe’, die zünden gar nicht.”
“Einfach mal machen”
Der Spiegelsaal der Harmonie aber bleibt seinem Namen treu, es bleibt alles harmonisch und Walters Witze zünden. In der zweiten Hälfte der Veranstaltung trägt der mehrfache Slam-Meister aus Thüringen, Skog Ogvann, Lyrik über Unterwäsche und eine Neuinterpretation der Bürgschaft vor und Katrin Neuburghaus widmet sich in einem ihrer Texte dem “Qualität vor Quote“-Argument, indem sie die Qualität des bayerischen Landtages anhand der Kompetenzen von Wissing, Söder und Aiwanger untersucht.
Der Abend neigt sich dem Abend zu. Samstag und Sonntag beginnt der Ernst des Poetry Slams für zwei Tage, bis klar ist, wer den nächsten bayerischen Meister*innen-Titel tragen darf. Stellt sich jedoch noch die Frage: Was tun, wenn ich selber mal Poetry Slammen will?
Das habe ich Oliver Walter natürlich auch gefragt: “Einfach mal machen. Sich vielleicht ein paarmal was anschauen, auch was einem so von der Richtung her vielleicht gefällt oder wo man sagt: Ah, das gefällt mir, das weniger, was kann ich da machen. Aber ich kann nur jedem, der grundsätzlich Interesse hat, empfehlen, sich mal selbst auf eine Bühne zu stellen. Und dann einfach mal ausprobieren. Vom Tun lernt man immer noch am meisten.”