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Flüssiges Gold, Globalisierung und das Pansch-Problem

Flüssiges Gold, Globalisierung und das Pansch-Problem

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  • Wie wird man Imker*in? Was kann ich tun, um die Bienen zu unterstützen? Gibt es Dinge, auf die ich beim Honigkauf achten sollte? Ich habe mich mit einem jungen Nebenerwerbsimker getroffen und nachgehakt.

Zuallererst möchte ich ein Vorurteil aus dem Weg räumen. Es gibt Menschen, die denken, dass Imker*innen ihre Völker ausnehmen, wenn sie den Honig ernten. Generell ist ein*e Imker*in aber immer daran interessiert, dass es den Bienen gut geht, denn wenn der*die Imker*in viel Honig haben will, dann muss das Volk zufrieden sein. „Nur ein Volk, dem es gut geht, gibt auch Honig. Ein*e Imker*in kann ein Bienenvolk nicht ausschlachten,“ stellt Luis klar. Ein Volk lagert auch nur das an Honig ein, was es selbst nicht direkt verbraucht. Die Imker*innen ernten also nur den Honigüberschuss. 

Doch was hat es mit dem Vorwurf auf sich, dass Honig teilweise gepanscht wird? Warum sollte ich meinen Honig bei dem*der Imker*in kaufen? Und ist der Preis, den wir für Honig heutzutage zahlen gerechtfertigt? Begleitet mich und den jungen Nebenerwerbsimker Luis Reckziegel auf unserer letzten Etappe dieser Artikel-Trilogie ins faszinierende Land des „flüssigen Goldes“.

Wurde da gepanscht? 

Vor einiger Zeit hat Netflix die Doku-Serie „Verdorben“ veröffentlicht, die von den problematischen Zuständen in der Lebensmittelindustrie handelt. In der ersten Folge geht es um Honig und es wird berichtet, dass dieser oft mit Reissirup gestreckt wird. Diese Aussage hat sich in meinem Kopf festgesetzt, doch im Gespräch mit Luis wurde ich beruhigt, denn laut ihm wird Honig in Deutschland normalerweise nicht gepanscht. 

Ob nun verfälschter Honig vorliegt, ist sehr schwer nachzuweisen. Als der Apimondia, der internationale Verband der Bienenzüchtervereinigungen, eine Messe in China abgehalten hat, hat sich China „mit ihren neuen Maschinen zur Honigproduktion gebrüstet, und das ist immer so ein Wettlauf.“ Denn, sobald eine neue Maschine entwickelt wurde, brauchen die Labore zwei bis drei Jahre, um festzustellen ob nun echter, von der Biene produzierter Honig vorliegt oder nicht. In China wurde die Honigproduktion teilweise „quasi industrialisiert.“ Die Völker werden jeden Tag geschleudert und die wasserartige Konsistenz des Nektars mit 30-40 Prozent Wassergehalt macht den Prozess sehr einfach. Honig ist das aber eigentlich noch nicht. Der Nektar wird dann so lange runtergetrocknet und mit Pollen und Enzymen versetzt, bis er sich wie echter Honig verhält und es „labortechnisch kaum noch nachweisbar“ ist, ob es sich um tatsächlichen oder verfälschten Honig handelt. Es ist auch schwer nachzuweisen, ob Honig gestreckt wurde. Denn sollte man größere Mengen Honig strecken wollen, „dann ist es eigentlich wie bei Drogen, wenn man da zehn Prozent Zuckersirup zumischt, dann fällt es niemandem auf.“

Supermärkte und kanadischer Honig

Mit diesem Hintergrundwissen geht’s auf in den Supermarkt. Die Gläser oder Flaschen werden umgedreht, um zu schauen, wo der Honig herkommt. Meistens steht dort, ob es sich um Honig aus EU- oder Nicht-EU-Ländern handelt, oder ob eine Mischung aus beidem vorliegt. Natürlich gibt es Personen und Organisationen, die sich dafür einsetzen, dass die Herkunft von Honig exakt deklariert werden muss. Doch wenn auf jedem Glas stehen würde aus welchen Ländern der Honig kommt, kann es sein, dass auf einmal knapp 27 Länder auf dem Etikett zu finden sind. So erging es Luis mal im Bioladen, als er sich dort den Honig genauer angeschaut hat.

Honig aus dem Ausland ist aber „nicht pauschal schlecht“, wie Luis nochmal betont. Es gibt Länder auf dieser Welt, „die mit weniger Aufwand sehr viel größere Mengen tatsächlichen Honig produzieren können.“ Ein gutes Beispiel hierfür ist Kanada. Dort gibt es schätzungsweise im Schnitt eine sechsmal so hohe Honigernte wie in Deutschland. Das liegt zum einen daran, dass die kanadischen Sommer lang und ausgeglichen sind und der Niederschlag viel regelmäßiger ist als in Deutschland. Zum anderen hat Kanada „brutal große Anbauflächen für Raps und Sonnenblumen, was bei denen die Haupttracht gibt.“ Hinzu kommt, dass die Imker*innen viel größere Flächen pachten können, da der Grund nicht so teuer ist wie in Deutschland. Diese Felder werden dann teilweise nur bewirtschaftet, um Tracht, Pflanzen, die den Bienen als Nahrungsgrundlage dienen, zu produzieren. Die Imker*innen dort sind also gleichzeitig auch noch im Ackerbau tätig.

Die lokalen Imker*innen unterstützen

Am besten ist es natürlich, regional zu kaufen. Zwar gibt es Internetportale mit Informationen, welche*r Imker*in in der Gegend den eigenen Honig verkauft, Luis ist davon aber nicht begeistert. Da nicht alle eine*n Imker*in persönlich kennen können, sind kleine unabhängige oder Unverpackt-Läden eine gute Anlaufstelle. Viele Imker*innen verkaufen ihren Honig in der Bäckerei, Metzgerei oder im Dorfladen um die Ecke. Ansonsten empfiehlt es sich „mit offenen Augen durch den Ort zu spazieren. Wenn man mal drauf schaut, dann hängt in jeder Straße an irgendeinem Haus das Schild ‚Honig vom Imker‘.“ Es gibt auch immer wieder Honig von Imker*innen im Supermarkt zu kaufen. Hierbei sollte allerdings darauf geachtet werden, dass der Honig in den Gläsern des „Deutschen Imkerbundes“ tatsächlich direkt von Imker*innen kommt und nicht von Abfüllstellen aufgekauft und vermarktet wurde. Das lässt sich daran erkennen, dass auf den Etiketten „Imkerei“ oder „Imkermeister*in“ steht und keine Firma.

Interessanterweise können die deutschen Imker*innen nur 20 Prozent des internen Honigbedarfs produzieren, gleichzeitig kommen aber nicht 20 Prozent des verzehrten Honigs in Deutschland auch tatsächlich aus Deutschland. Es wird „brutal viel“ aus dem Ausland zugekauft und viele deutsche Imker*innen verkaufen ins Ausland, was aber „natürlich ökologisch gesehen überhaupt keinen Sinn ergibt.“

Honig = flüssiges Gold?

Es steht also ein Ausflug zur Imkerei an und dort wird ein 500 Gramm Glas Honig gekauft, das zwischen sechs und neun Euro kostet. Dieser Preis ist aber für den Aufwand, der in ein Glas fließt, zu niedrig. Laut Luis sollte ein 500 Gramm Glas mindestens zehn Euro kosten. Ein Teil des Preisproblems rührt daher, dass die Altimker*innen, „die früher den Honig für fünf Mark verkauft haben, nach der Eurowende für ihr Glas nur noch schlappe drei Euro verlangt haben.“ Gleichzeitig sind die Kosten für Maschinen und andere notwendige Anschaffungen gestiegen. Doch die Imker*innen sind bei diesem Preis geblieben, „wahrscheinlich aus der Angst heraus Kund*innen zu verlieren, wenn sie teurer werden und ganz nach dem Prinzip ‚es hat ja schon immer so viel gekostet‘.“ Hinzu kommt, dass die Erwerbsimker*innen im Preiskampf mit den Hobbyimker*innen stehen. Denn wer sich Bienen nur aus Spaß hält, verlangt meistens auch nicht viel für den Honig. Für die Erwerbsimker*innen ist das allerdings ein Problem, da diese ihren Honig verkaufen müssen und sich so in Preiskonkurrenz mit den Hobbyimker*innen befinden. 

Für Luis ist klar, dass Honig grundsätzlich unter Wert verkauft wird. Ein guter Vergleich bietet hier ein hochwertiger Käse, von dem 100 Gramm zum Beispiel drei Euro kosten. Wenn jetzt aber 100 Gramm Honig drei Euro kosten würden, „was das Lebensmittel wert ist,“ dann hat man ein Problem, denn „es zahlt dir halt niemand 15 Euro für ein Glas Honig.“ Aber es ist und bleibt ein Lebensmittel, in das viel Arbeit und Energie fließt. Da lohnt sich der Kauf bei dem*der Imker*in, denn so erfährt eine ganze Berufsgruppe Unterstützung und es ist gleichzeitig klar, wo der Honig herkommt. Wer weiß, vielleicht haben die Bienen von ihrem Stand aus ja auch noch einen super Ausblick auf die Allgäuer Alpen?

Ihr wollt mehr wissen? Luis findet ihr auf Instagram unter @honigfaktur oder im Internet unter honigfaktur.de. Dort nimmt er euch mit auf die Autofahrten durchs wunderschöne Allgäu und gewährt einen Einblick hinter die Kulissen seiner Imkerei. Seinen Honig könnt ihr sogar bei ihm bestellen, dafür schreibt ihr am besten eine Mail an luis@honigfaktur.de oder eine DM auf Instagram.

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