Christoph Barth, Jahrgang '96, ist eigentlich Torwart und Barkeeper und…
1. Der Opa
Als er zum ersten Mal an der Uni gelehrt hat, hieß der Euro noch Mark und Deutschland gab’s zweimal. Man erkennt ihn unschwer an seinem lichten und grauen Haar. Dazu kommen die dicke Hornbrille und ein Outfit, das Guido-Maria Kretschmer zum Spontanherzinfarkt verleiten könnte. Dieser Dozententyp hat nur noch ein paar Jahre bis zur lang ersehnten Rente vor sich, weshalb er sich auf seine alten Tage tapfer gegen Veränderungen sträubt. Der Opa fühlt sich oft missverstanden, weil seine früher bahnbrechenden Forschungen inzwischen von der wissenschaftlichen Evolution überrollt wurden. Das lässt ihn schonmal grimmig dreinblicken! Aber immerhin stellt er Semester für Semester nahezu die gleichen Klausuren.
2. Der Verwirrte
Total nervig oder einfach nur liebenswert? An diesem Dozenten scheiden sich die Geister. Er kommt immer zu spät oder schon am Montag, obwohl die Vorlesung erst am Dienstag stattfinden soll. Von den meisten wird er deshalb nur belächelt und nicht wirklich ernst genommen. Kein Wunder, schließlich gehen die ersten 15 Minuten der Vorlesung dafür drauf, den Rechner hochzufahren und die PowerPoint-Präsentation zu starten. Der verwirrte Dozent ist immer schlecht vorbereitet und hält seinen roten Faden dabei besser versteckt als andere ihre Fünfer im Zeugnis. Trotzdem ist seine verstrahlte Art des Unterrichtens doch irgendwie sympathisch.
3. Der Erbarmungslose
„Tipps für die Klausur? Na klar, wollen Sie noch eine Niere haben?“ Prüfungsrelevant sind das gesprochene Wort und ein Haufen Lehrbücher, so groß, dass selbst Reiner Calmund daneben aussieht wie ein Gartenzwerg. Gerne hält dieser Dozent seine Vorlesungen schon um acht Uhr morgens, obwohl durchschnittliche Studierende zu solchen Uhrzeiten gerade erst von der letzten Party nach Hause stolpern. Diesem Dozenten ist „Freizeit“ ein Fremdwort, weshalb es im Extremfall sogar Hausaufgaben gibt. Zweifelsohne zählt der Erbarmungslose damit zu den gefürchtetsten unter allen Dozenten. Immerhin: Wenn ihr mitzieht, lernt ihr was – vor allem Disziplin.
4. Der Erzähler
Im Prinzip werdet ihr irgendwann nur noch in seine Kurse gehen, um euer Jodel-Karma zu boosten. Denn statt trockener Theorien und komplizierter Formeln steht hier Lebenserfahrung auf dem Lehrplan. Der Erzähler schweift nämlich gerne vom Thema ab. Am Ende des Semesters werdet ihr mehr über ihn, seine Ex-Frau und seinen letzten Urlaub wissen als euch lieb ist. Blöd nur, dass nichts von alledem in der Klausur abgefragt wird. Insgesamt zählt der Erzähler mit all seinen Anekdoten aber zu den Lichtblicken unter den Dozenten. Wer jedoch wirklich etwas lernen will, wird sich nie mit ihm anfreunden können und irgendwann den Jodel-Ticker der Vorlesung vorziehen.
5. Der Übermotivierte
„Ab nächster Woche dann bitte schon um s.t.“ Der Übermotivierte lässt nichts anbrennen. Seine Vorlesungen gleichen durch PowerPoint-Präsentation, chaotische Tafelbilder und YouTube-Erklärvideos nicht selten einem Multi-Media-Erlebnispark. Die allgemeine Reizüberflutung sorgt bei den meisten Studierenden allerdings oft dafür, dass sie irgendwann einfach abschalten. Bei ihm handelt es sich häufig um einen frisch gebackenen Dozenten, der seinen Ex-Kommilitonen nun den Stoff mit großer Motivation vermitteln möchte. Nicht selten hat es dabei den Anschein, als wolle der Übermotivierte als nächstes noch den Klimawandel verhindern, den Pflegenotstand in Deutschland lösen und die Weltwirtschaft wieder in Gang bringen.
6. Der Langweiler
Ihr könntet euch HSV gegen Bochum reinziehen, zwei schwarz-weiße Kriegs-Dokus auf n‑tv schauen, zehn Cheeseburger essen – kotzen – und dann nochmal zehn Cheeseburger essen oder am Bamberger Bahnhof darauf warten, dass endlich der verflixte Baum von der Strecke geräumt wird. Jeder weiß: 90 Minuten können lang sein. Doch nichts davon toppt eine Vorlesung mit dem Langweiler! Seine Kurse sind ein einziger öder Monolog. Monoton leiert er sein Skript herunter und hält sich dabei wortgetreu an die eigene PowerPoint-Präsentation. Keine Überraschung also, wenn ihr in Gedanken abschweift. Denn ein langweiliger Dozent fasziniert die Studierenden in etwa so sehr wie Brokkoli. Praktisch ist seine Unterrichtsmethode nur für jene, die am Vorabend mal wieder zu tief ins Glas geschaut haben und jetzt in der Vorlesung lieber ein Nickerchen machen wollen.
7. Der immer Beschäftigte
Eigentlich ein guter Dozent. Glaubt man. Also, erzählt man sich. So ganz genau weiß das wahrscheinlich niemand. Denn der immer beschäftigte Dozent ist nie aufzufinden. Sehr häufig lehrt er gleichzeitig an mehreren Universitäten und ist darüber hinaus noch an einem Forschungsprojekt in Nordusbekistan beteiligt. Mindestens so häufig wie im Seminarraum, sitzt er also im Zug oder Flieger in eine andere Stadt. Besonders nervig ist der immer Beschäftigte, weil er sich zum Beantworten von E‑Mails grundsätzlich mehr Zeit lässt als ein Rentner an der Kasse beim Kleingeld Zählen. Studenten sollten sich daher zweimal überlegen, wie sinnvoll eine Kursanmeldung bei diesem Dozenten ist. Gerade dann, wenn der Kurs mit einer Hausarbeit endet.
Dieser Artikel erschien in unserer Printausgabe 111 vom 8. Oktober 2018.
Christoph Barth, Jahrgang '96, ist eigentlich Torwart und Barkeeper und hat sich im Sommersemester 2018 zum Ottfried verlaufen, wo er dann erfolgreich Anzeigenkunden ein Stück freien Platz im Heft andrehte. Seitdem ist er zum Rotweintrinker mutiert und schreibt alle Texte betrunken, weshalb die Hälfte der Redaktion seine Anspielungen nicht versteht. Geschätzt wird er dafür für seine guten Spotify-Playlists und sein ruhiges Gemüt, wenn es mal stressig wird.