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Klimakrise, Patriarchat, soziale Ungleichheit – Gründe, wütend zu sein, gibt es für FLINTA* mehr als genug. Ihre Wut wird aber oft nicht ernst genommen. Aktivist*innen erzählen, welche Rolle die Emotion in ihrem Engagement spielt.
Dieser Artikel ist Teil der Reihe „Wutentbrannt – FLINTA zwischen Ärger und Antrieb”, in der wir Wut und die unterschiedliche Wahrnehmung von Wut bei Frauen*, Lesben und intersexuellen, nicht binären, trans und agender Personen (FLINTA*) im Vergleich zu cis Männern beleuchten.
Robin von Fridays For Future Bamberg und den Falken Bamberg:
Wut ist ein sehr großer Antrieb für mich – immer wieder. Die Gründe dahinter können auf der einen Seite größere Ungerechtigkeiten sein, beispielsweise wenn ich Transfeindlichkeit in der Schule gegen mich erlebe, oder wenn mich in der Gesellschaft Missstände frustrieren. Auf der anderen Seite sind es oft auch Details, die sich anhäufen und in mir stauen. Die Wut darüber kann ich im Demo-Gesang rauslassen oder als energetischen Antrieb für die Planung von Aktionen nehmen. Dort merke ich durch die Wut der anderen Demo-Teilnehmer*innen, dass ich nicht alleine bin. Ich schreie Demosprüche in das Megafon und viele schreien mit – das gibt Kraft. Ich denke immer wieder darüber nach, warum ich mich aktivistisch einbringe und dann fallen mir diese Situationen ein und ich werde mir wieder sicher. Neben Wut ist Unwohlsein ein großer Motivator und Grund dafür, dass ich an Treffen von Orga-Gruppen wie beispielsweise Fridays For Future oder den Falken teilnehme. In diesen Gruppen fühle ich mich nämlich wohl, werde respektiert und sie sind safe spaces für mich. Dort muss ich keine Angst vor Transphobie haben. Wir fühlen alle eine Wut und stecken sie in ein gemeinsames Ziel.
Simone Jakobi vom Bamberger Klimaschutzbündnis:
Ich habe drei Töchter großgezogen, und ich wollte immer, dass sie die Freiheit haben, zu leben, zu lieben und zu arbeiten, wie es ihnen gut tut. Ich habe immer meinen Beitrag zur Gesellschaft geleistet, als Care-Arbeiterin, als Angestellte und als Steuerzahlerin. Ich verlange nun, dass diese Gesellschaft ihrerseits ihren Beitrag dazu leistet, dass meine Töchter selbstbewusst und neugierig in ihr eigenes Leben ziehen können und einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft behalten. Es macht mich unfassbar wütend, dass die Klimakrise all dies bedroht, und es macht mich wütend, wenn Entscheidungsträger*innen ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, eine lebenswerte Zukunft und die Gesundheit von mir und meinen Kindern zu schützen. Aber mich machen auch Mitmenschen wütend, denen all das völlig egal ist, die einfach nur so weitermachen wollen wie bisher und die Wut der Klimaktivist*innen belächeln. Meine Wut macht mich nicht hilflos oder ohnmächtig – meine Wut macht mir Mut, aufzubegehren, den Mund aufzumachen, auf die Straße zu gehen, Politiker*innen anzuschreiben, Gleichgesinnte zu suchen. Meine Wut hat meine Passivität überwunden und mich erst zur Klimaaktivistin gemacht.
Lale Kralik und Gentiana Fazlija von Arbeiterkind e.V. Bamberg:
“Arbeiterkinder verhandeln ihre Gehälter schlechter” – hätten wir das mal besser gemacht, könnten wir diesen Zeit-Artikel vielleicht von der Bezahlschranke befreien. Andererseits: Wäre es nicht die “Class Pay Gap” gewesen, hätte uns wohl spätestens der Gender Pay Gap Steine statt Scheine in den Weg gelegt. Deshalb mal ganz Ironie-befreit: Wie können FLINTA* da nicht wütend sein? Gerade, wenn dann die individuelle Biografie für schlechtere Arbeitsbedingungen und verwinkelte Bildungswege verantwortlich gemacht wird, statt die tatsächliche grundsätzliche Benachteiligung, weil am Geburtstag die Sterne vielleicht nicht in der richtigen Konstellation zu Uranus standen oder so. Das alles alleine schultern zu müssen ist offensichtlich eine enorme Herausforderung. Mit unserem Engagement bei Arbeiterkind.de wollen wir gemeinsam die Steine aus dem Sichtfeld herausbewegen. Erfahrung teilen, Unterstützung geben und am allerwichtigsten: Ermutigen. Die Motivation dafür ziehen wir bis zur absoluten Chancengerechtigkeit eben aus unserer Wut.
Saron Kiflemariam von der Seebrücke Bamberg:
Mich haben ganz viele Emotionen in den Aktivismus, konkreter in die Seebrücke, gebracht. Trauer, weil seit Jahren mehr als 20.000 Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer gestorben sind. Frust, weil die EU und die Bundesregierung dabei einfach zusehen und Seenotrettung eher kriminalisieren, statt sie zu fördern. Machtlosigkeit, weil man als Einzelperson und gerade als FLINTA* oft das Gefühl hat, nicht viel bewirken zu können. Aber je länger ich mich mit solchen Themen beschäftige, desto wütender werde ich und desto eher regt sich in mir das Bedürfnis, irgendetwas zu unternehmen. Dann ist es die Wut, die mich auf die Straße treibt, die mich dazu bringt, Reden zu schreiben und aktiv zu werden. Es macht mich unfassbar wütend, zu sehen, dass die Rechte von Geflüchteten nicht gewahrt werden und Europa seine Außengrenzen mehr schützt, als Menschenleben. Aber zu sehen, dass ich mit meiner Wut nicht allein bin, sondern andere Menschen genauso aufgebracht sind wie ich, gibt mir Hoffnung, gemeinsam doch noch etwas bewirken zu können. Im Aktivismus habe ich einen Space gefunden, in dem ich meine Wut und all die anderen Emotionen nicht mehr unterdrücken muss, sondern sie mit anderen Menschen teilen und in etwas sinnvolles investieren kann.
Lara von “Safe Space” bei Freund statt Fremd:
Wut treibt mich an, etwas Gutes für die Gesellschaft zu tun! Dort, wo ich herkomme, sind Frauen noch stark benachteiligt und das Leben von queeren Menschen ist noch in Gefahr. Geflüchteten und Migranten begegnet immer noch Rassismus und sie brauchen in verschiedenen Bereichen Unterstützung. Da queere Geflüchtete mehrfach marginalisiert sind, haben wir das queere Projekt “Safe Space” ins Leben gerufen, um queere Geflüchtete in Bamberg zu unterstützen!
Mit dem Selbsttest „Welches Uni-Klo bist du?“ hatte Kim 2019 ihren journalistischen Durchbruch. Seitdem schreibt unsere Oma gegen Rechts über Themen aus Kultur, Lifestyle und Politik und hat aus ihrer Liebe zu Mutter Erde die Gewächshaus Bamberg Reihe ins Leben gerufen. Mittlerweile droppt sie außerdem regelmäßig Content auf Social Media.
Lea Hruschka, Jahrgang 2001, hatte ihren journalistischen Durchbruch mit ihrem Artikel über den Bärentanz beim örtlichen Kindergartenfest. Dieser qualifiziert sie nun auch für höhere Aufgaben beim Ottfried.
Dabei sein ist alles. Und Anna is(s)t alles. Anna ist wohl die einzige Autorin, die beim Ottfried kein Spezi trinkt. Kohlensäure ist ihr Endgegner. Das hält sie nicht davon ab, mit voller Fahrt dabei zu sein.
Elly übersetzt hobbymäßig Wissenschaft in Deutsch. Ein Glücksmarienkäfer für alle Otter.