Denn das Lumpenpack ist viel unterwegs, in ganz Deutschland und demnächst auch in Bamberg. Für Max Kennel ist das die Rückkehr an den Ort, an dem er einst Psychologie studierte, wo er auf der Unteren Brücke sein Brückenbier trank und den Sommer in der Regnitz verbrachte. Wir haben Max ein paar Fragen gestellt, über den Erfolg der Band, die Veränderungen, die damit einhergehen, und wie es ist, nach Bamberg zurückzukehren.
Interview geführt von Lukas Reinhardt
Es heißt ja, Buhrufe seien lauter als Applaus. Musstet ihr diese Erfahrung schon machen?
Max Kennel: So direkt natürlich nicht. Die Menschen, die zu unseren Shows kommen, sind immer nett und höflich, die buhen einen nicht aus, aber prinzipiell ist da schon was dran — die fürchterlichen Auftritte bleiben einem viel länger in Erinnerung.
Zu Beginn eurer Schaffenszeit als „das Lumpenpack“ habt ihr zwei gerne über euch als erfolglose Band in der Gründungsphase gescherzt. Mittlerweile befinden sich endlich mehr Menschen im Publikum als auf der Bühne und ihr habt den Prix Pantheon-Publikumspreis gewonnen. Habt ihr diese Gründungsphase also überwunden?
Ich glaube, man kann das selbst nie genau einschätzen, wo man steht. Wir sagen inzwischen auch nicht mehr, dass wir eine erfolglose Band in der Gründungsphase sind, wir nennen uns jetzt ein „Frisches Start-Up in der Entertainmentbranche mit Fördergeldbedarf.“ – das ist irgendwie zeitgemäßer. Ich würde nicht mehr sagen, dass wir direkt in der Gründungsphase sind, aber wir müssen nach wie vor hart viel ackern, damit sich das Niveau, auf dem wir gerade sind, stabilisiert.
Was meinst du, wie erklärt sich euer Erfolg?
Wieder sowas, was man selbst schwer definieren kann. Wir besetzen vermutlich eine ganz gute Nische — für Comedians nicht lustig genug, für Musiker nicht musikalisch genug, und dieses dazwischen scheint die Leute irgendwie anzusprechen.
Hat der Erfolg Jonas verändert? Kauft er seither nur noch Konfetti aus hochkarätigem Goldpapier?
Ich wünsche mir jeden Tag, der Erfolg hätte ihn verändert, aber er ist leider noch genauso wie vorher. Tatsächlich verballern wir aber deutlich mehr Konfetti als früher während der Shows, hat aber weniger mit dem Erfolg zu tun, als mit der Tatsache, dass man selbst abstumpft und uns kleine Konfettimengen nicht mehr so fröhlich machen wie früher.
Was wäre heute, wenn dieser Erfolg ausgeblieben wäre? Lehramtsstudium als Rache?
Naja, Jonas hat tatsächlich Lehramt studiert, ich Psychologie, und natürlich wäre das immer eine Option wieder was „normales“ zu machen. Aber es wird mit jedem Tag schwerer, den man in diesem Kleinkunstkosmos verbringt und merkt, was für ein privilegiertes Leben man da führt, auch wenn es mit enorm viel Arbeit verbunden ist.
Bei der Köln Comedy Nacht XXL seid ihr vor tausenden Menschen aufgetreten. In einem eurer Songs heilte der Heilpraktiker da plötzlich „Bauchschmerzen“ anstatt „Syphilis“. Bringt die große Bühne neben den vielen Freiheiten also auch Einschränkungen mit sich, beispielsweise eine eher konformere Wortwahl?
Gut aufgepasst. Tatsächlich haben wir aber die Stelle schon ein paar Shows vorher geändert, weil wir „Syphilis“ immer lustiger als das Publikum fanden, da dachten wir, wir probieren mal „Bauchschmerzen“ aus und das finden die Leute tatsächlich genauso unlustig wie wir.
Natürlich muss man aber plötzlich auf ganz andere Dinge achten, wenn man in einer TV-Produktion auftritt, allerdings schränkt es einen nicht wirklich ein, man diskutiert das vorab durch und schließt irgendwo einen Kompromiss mit der Redaktion. Man wird aber nie zu etwas „gezwungen“ und im Streitfall setzen wir uns da durch.
Also passt man sein Programm auch in einer gewissen Weise dem erwarteten Publikum an?
Das natürlich immer. Wenn wir irgendwo ein Stehkonzert in einem Studentenclub spielen, haben die Songs ein ganz anderes Tempo und die Zwischenmoderationen eine ganz andere Schärfe, als wenn wir in Brockenheim auf der Kabarettbühne spielen, wo wir den Leuten massiv vor den Kopf stoßen würden und davon hätte ja letztlich niemand was. Man muss da beinahe ein bisschen opportunistisch sein, weil es ja wirklich der Job ist, die Leute bestmöglich zu unterhalten — wir sind ja kein Kabarett, das da Message vermitteln will.
2014 bist du gemeinsam mit Jonas nach Stuttgart gezogen. Warum weg aus Bamberg und weshalb Stuttgart?
Jonas hat ja in Landau studiert, ich in Bamberg und rein logistisch mussten wir einfach in dieselbe Stadt ziehen. Wir haben damals gesagt, wir probieren das jetzt ein Jahr aus und gucken, ob wir davon leben können. Letztlich war klar, dass keiner zum anderen in die Stadt ziehen würde, das hätte nicht funktioniert, und so haben wir uns quasi in der Mitte getroffen — in Stuttgart. Dort kannten wir auch schon ein paar Leute, mit denen wir recht eng zusammengearbeitet haben.
Seither bist du offiziell Stuttgarter. Aber wenn man sich euren Tourplan anschaut, vermutet man eher, dass der Zug dein Zuhause ist. Ist das so oder bist du mittlerweile in Stuttgart angekommen?
Naja, angekommen ist wirklich schwierig zu sagen, wir sind maximal vier Tage die Woche zuhause, eher weniger und dann ist man meist so kaputt vom unterwegs sein, dass man sich gerne einfach auf die Couch haut und vor sich hin döst, statt rauszugehen und Dinge zu erleben.
Aber trotzdem fühl ich mich ganz wohl dort, Stuttgart ist eine Stadt für die Liebe auf den zweiten Blick. Es kann schon sehr grau und verbaut und bieder sein im ersten Moment, aber es gibt echt schöne Spots.
Wie gerade angesprochen, seid ihr viel unterwegs in ganz Deutschland. Und doch liegt euer letzter Auftritt in Bamberg lange zurück – nämlich damals, als es den Morph noch gab. Wieso habt ihr die Bamberger so lange warten lassen?
Das hat sich einfach nicht ergeben, wir haben was das Booking angeht nicht alles selbst in der Hand, da spielen viele Faktoren mit rein. Tatsächlich fiel auch mit dem Morph Club die Bühne weg, auf der wir gerne öfters in Bamberg gespielt hätten, da musste man erstmal gucken, dass es woanders hinhaut.
Ist, um den Fußballerjargon zu bemühen, ein solches „Heimspiel“ eher schwierig?
Ach, so sehr „Heimspiel” ist es leider gar nicht mehr. Klar, man kennt die Plätze von früher, aber die meisten Leute aus meiner Bamberger Zeit sind inzwischen über ganz Deutschland verstreut. Umso mehr freut man sich natürlich, wenn dann ein paar Gesichter von früher auftauchen.
Abschließend: Was war der schrägste Auftritt, den ihr je zu zweit erlebt habt?
Sowas lässt sich immer schwer sagen. Wir sind letztes Jahr auf einem Technofestival in Polen aufgetreten. Um 12 Uhr mittags in einem ehemaligen Militärhangar. Wir sind nachts von Berlin in einem geliehenen Cabrio dort hingefahren, haben dann von 6 bis 12 getanzt und anschließend vor ca. 20 Leuten, die auch noch nicht geschlafen hatten, ein paar Lieder gespielt, während direkt um die Ecke weiter der Techno pumpte. Das war schon ziemlich schräg.
Danke Max, dass du dir die Zeit genommen hast!
Bock auf das Lumpenpack? Die zwei kommen mit ihrer Steil-geh-Tour am Donnerstag, den 10.11.2016 in die Haas-Säle nach Bamberg!