Kaffee und Kekse sind angerichtet, daneben liegt das neue, noch völlig unbeschriebene Gästebuch. Im Erdgeschoss des Verbindungshauses, wo sich sonst die Herren der Unitas Henricia treffen, warten Anna und Mechthild auf Studentinnen, die sich ihrer neugegründeten Damenverbindung anschließen möchten. Ihre Halstücher sind blau, weiß und gold, wie die Kerzen auf dem Tisch – es sind die Farben der Unitas.
Anna kam über ihren Freund, der Mitglied der Katholischen Studentenverbindung Mainfranken im Kartellverband (KV) ist, zum Verbindungsleben. Im KV sind Frauen nicht als Mitglieder zugelassen, dürfen aber als Gäste zu Veranstaltungen kommen. Bei einem Besuch der Unitas, die ihr Verbindungshaus in der Nachbarschaft der Mainfranken hat, wurde sie gefragt, ob sie Interesse hätte, einen Damenverein in Bamberg mit aufzubauen. Die Unitas, ursprünglich eine Verbindung katholischer Theologiestudenten, hat in vielen deutschen Unistädten sowohl Herren- als auch Damenvereine.
Rechte Verbindungen sind nicht die Mehrheit
„Uns geht es darum, dass wir eine generationenübergreifende Gemeinschaft bilden, die das ganze Leben verbunden bleibt, das unterscheidet eine Verbindung zum Beispiel von einem Sportverein“, sagt Anna, die vor kurzem ihren Master in Interdisziplinären Mittelalterstudien abgeschlossen hat und nun promoviert. Von den meisten Sportvereinen unterscheiden Studentenverbindungen auch die Vorurteile, mit denen sie konfrontiert werden. „Natürlich gibt es auch rechte Verbindungen, aber die sind nicht die Mehrheit“, sagt Anna. Dass es solche Gruppen gibt, müsse man eben akzeptieren. Man müsse sie aber auch nicht einladen oder besuchen, wenn man das nicht möchte. Einen Zwang, bei Veranstaltungen Alkohol zu trinken, gibt es ebenfalls nicht – zumindest bei der Unitas: „Es gibt auch Bünde, die sich übers Kampftrinken definieren.“ Ebenso gebe es Verbindungen, die Frauen strikt ausschließen, während andere für beide Geschlechter offen sind.
Eine gemischte Verbindung wünschen sich Anna und Mechthild nicht. „Das ist schon gut, dass in der Unitas Männer und Frauen für sich sind, weil die Interessen unterschiedlich sind“, sagt Mechthild. Bei den Herren stehen unter anderem Whisky-Verkostungen und Pfeifenabende auf dem Programm – „das wäre jetzt nichts, was mir einfallen würde“, sagt Anna.
Man hat überall gleich Anschluss
Mechthild ist seit ihrem Studium in Frankfurt in den 80er Jahren Mitglied der Unitas. Mittlerweile ist sie Hohe Dame, hat also ihr Studium abgeschlossen und ist kein aktives Mitglied der Verbindung mehr. In der Verbindungsszene kennt sie sich aus und schätzt vor allem das Netzwerk zwischen den Bundesgeschwistern: „Man hat überall gleich Anschluss.“ In Bamberg hilft sie den Fuxen, wie neue Mitglieder genannt werden, die Abläufe der Verbindung zu verstehen. Denn das ist für Außenstehende oft nicht so einfach. „Als ich zum ersten Mal mit meinem Freund bei einer Kneipe war, war ich total überfordert“, erinnert sich Anna, „Der trägt so ein Band, der trägt ein anderes Band, der trägt gar keins und wann muss ich jetzt singen und wann muss ich die Klappe halten?“ Um Mitglied zu werden hat sie, wie es die Tradition vorsieht, auf einem Bierdeckel unterschrieben. Als Fux steht sie in einem sogenannten Leibverhältnis zu Mechthild. Das kann, je nachdem, wie viel sie schon weiß und wie viel Zeit sie aufwendet, zwischen einem und drei Semestern dauern. Wenn Anna so weit ist, kann sie die schriftliche Prüfung über die Gebräuche der Verbindung ablegen und damit eine Dame, ein aktives Mitglied werden.
Zum Gründungstreffen bleiben sie und Mechthild alleine. „Mit 20 Leuten hatte ich eigentlich schon gerechnet“, sagt Mechthild. Sie hätte gerne den Unitas-Verband vorgestellt und Fragen beantwortet. Am Ende tragen sich nur sie und Anna in das Gästebuch ein.