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Filmreview — Er ist wieder da

Filmreview — Er ist wieder da

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  • Verbranntes Gras, Rauch, ein Mann liegt auf der Erde. Bekleidet ist er in mausgrauer, zerschlissener Uniform mit NSDAP-Parteiabzeichen. Oberlippenbart, schwarze Haare, Seitenscheitel. Unschwer zu erkennen wer dort wie Lazarus von den Toten auferstanden ist. Adolf Hitler. Diktator, Führer und Verführer Deutschlands von 1933–1945. Schwankend erhebt er sich und watschelt benommen in Richtung einer Berliner Neubausiedlung, bis er von drei Kindern entdeckt wird. „Wat is’n det für ein Opfa?“, fragt sich eines von den Kindern.

Soweit der Einstieg in den Film. Die Romanvorlage stammt von Timur Vermes, sie avancierte zum Bestseller des Jahres 2012. Die Geschichte spielt mit dem Gedanken: Was wäre, wenn einer der größten Massenmörder der Geschichte erneut ins Leben gerufen und sich in der heutigen Welt wieder an die Spitze kämpfte? Wäre es ihm möglich, Deutschland erneut zu erobern? Schließlich stehen heute neue Propagandamittel zur Verfügung: Internet, Twitter, YouTube und Co. Joseph Goebbels wäre, gelinde gesagt, entzückt gewesen. Der Film ist als gesellschaftskritische Mediensatire zu verstehen, witzige Elemente sind durchaus vorhanden, Substanz aber leider nur in Ansätzen, um das Fazit schon vorweg zu nehmen.

Foto: Lena Mitterndorfer, Bearbeitung: Lena Zarifoglu

Auch die Politik wird durch den Kakao gezogen. Entsetzt vom modernen Deutschland, verschafft sich „der Führer“ einen Überblick mittels Zeitungen. Dabei kommentiert er die aktuelle Situation: „Die Leitung der so genannten Bundesrepublik obliegt aktuell einer klobigen Frau mit der Ausstrahlung einer Trauerweide“. Angela Merkel kommt noch glimpflich davon, Horst Seehofer und die CSU sind „eine erbärmliche Kopie des Nationalsozialismus“. Auch über die SPD hat der Diktator nur wenig Gutes festzustellen. Geleitet werde diese von „einem penetranten Wackelpudding“ (Sigmar Gabriel) und einer „biederen Masthenne“ (Andrea Nahles).

Da ein von den Toten Auferstandener saubere Kleidung benötigt, verschlägt es den Ex-Diktator in eine „Blitz“-Reinigung. Die ältere Dame mit Migrationshintergrund fragt ihn in sehr gebrochenem Deutsch, wann er die Uniform wieder abholen möchte: „Welche Uhr kommt?“ Hitler kann nur verdutzt entgegnen: „Warum soll eine Uhr kommen?“ Der Film lebt von solcher Situationskomik, sie wirkt aber auch oft deplatziert und aufgesetzt, versinkt in der Mittelmäßigkeit, auch wenn die zackige Sprache und der so charakteristische Duktus des „Reichskanzlers“ durchaus stimmig sind. Das gewisse Feeling will sich dennoch nicht recht einstellen, auch weil wechselhaft und scheinbar zufällig zwischen dokumentarfilmischen und geskripteten Elementen gesprungen wird. Medienkritik übt der Film am Nachmittagsprogramm der Privatsender und der Medienlandschaft, letztere ist jedoch ausschließlich durch Schauspieler wie Katja Riemann, Christoph Maria Herbst oder Fabian Busch repräsentiert, welche allesamt gewohnt ordentliche Schauspielleistungen abliefern.

Auch wenn im Film „eine Vielzahl von Dilettanten“ in ihrer Rolle als Hitler nach Meinung des „Originals“ in den vergangenen Jahrzehnten nicht brillieren konnten (u.a. Louis de Funès, Charlie Chaplin, Bruno Ganz) so gleicht die Darstellung von Oliver Masucci eher selbst einer Karikatur, denn ernsthafter Glaubwürdigkeit. Dies ist aber vor allem dem Stilmix des Streifens (vgl. oben) geschuldet, denn die schauspielerische Leistung Masuccis ist durchaus ambitioniert, gar überzeugend.

Die Auswahl an klassischer Musik ist indes gut gewählt, Rossinis „Diebische Elster“ und andere Stücke untermalen die jeweiligen Szenen vorteilhaft.

Da es dem Film aber an der einen, ernsthaften Botschaft mangelt und er die aktuellen Probleme in Deutschland (Flüchtlingskrise, Rechtsruck, Politikverdrossenheit, etc.) jeweils nur anreißt, wirkt das Ganze langatmig, um nicht zu sagen langweilig. Die Idee ist gut, die Umsetzung fragwürdig. Hier wäre für Regisseur David Wnendt sprichwörtlich viel mehr „Luft nach oben“ gewesen. Die Person Hitlers wird verharmlost und auf seine Klischees heruntergebrochen, dessen Gespräche mit Passanten in deutschen Städten sind sowohl witzig als auch erschreckend. Das war es aber auch schon, denn dümmliche Neonazis oder Mitbürger aus bildungsfernen Schichten eignen sich nunmal trefflich für Satire. Viel interessanter hätte es sein können, wäre „Fake“-Hitler auf Intellektuelle oder echte Politiker gestoßen. „Sie können mich nicht loswerden. Ich bin ein Teil von Euch allen.“ Die Quintessenz folgt gegen Ende des Films. Aber bei aller Liebe, dass wissen wir schon. Nicht zuletzt seit Pegida oder dem Erstarken der AfD. Dazu hätte es diesen Klamauk nicht gebraucht.

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