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Filmreview — The Danish Girl
Dunkel Hell

Filmreview — The Danish Girl

  • „The Danish Girl“ ist ohne Zweifel ein großartiger Liebesfilm, der ausnahmsweise nicht den Anfang einer dramatischen Liebe erzählt, sondern das Ende. Es geht um bedingungslose Liebe auf so unerwartet unkonventionelle Art und Weise, wie sie einem selten in Hollywood begegnet.

Gerda und Einar Wegener sind Künstler im Kopenhagen der 20er Jahre. Einar ist spezialisiert auf Landschaften, Gerda zeichnet Frauen. Eines Tages erscheint ein Modell nicht und so landet Einar auf dem Stuhl. Gerda zuliebe zieht er Strümpfe und Schuhe an und die beiden finden Gefallen und Inspiration an diesem Spiel: Sie kreieren die Kunstfigur „Lili“. Doch je mehr Einar sich auf Lili einlässt, desto vertrauter und wahrer scheint ihm dieser Teil seiner Identität.

Foto und Bearbeitung: Lena Zarifoglu

Der Film erzählt von zwei unglaublich mutigen Menschen, die sich in einer Beziehung begegnen, die nichts mit der vorherrschenden romantischen Vorstellung und noch weniger mit Sicherheit zu tun hat. Gemeinsam sprengen sie mit viel Liebe die ihnen vorgegebenen gesellschaftlichen Regeln. Dabei ist dies ein Film, der seine Erzählform perfektioniert hat. Sowohl Kostüm als auch Szenenbild überzeugen mit einer wahnsinnigen Ausgewogenheit und Liebe zum Detail. Zusammen mit dem ebenso feinen und einfühlsamen Soundtrack generiert dies einen gewissen Raum, der durch die emotionalen Ereignisse der Leben der Protagonisten trägt.

Der Unterschied zwischen Festivalkalibern à la „Blau ist eine warme Farbe“ und „The Danish Girl“ bleibt dann aber doch bestehen, denn so bemerkenswert das Thema ist, es wird nicht wirklich scharf geschossen. Der Regisseur Tom Hooper bleibt nett zu seinen Zuschauern, es muss nichts ausgehalten werden. Im Gegenteil, der Zuschauer wird von einer nahezu perfekten Ästhetik durch den Film geführt und gehätschelt. Eddie Redmayne (Einar/Lili) und Alicia Vikander (Gerda) schaffen es dabei, eine Stimmung zu kreieren, an dem schon einige Liebesfilme mit dezent dramatischen Plots gescheitert sind. Das Gestelzte und die Über-Dramatik des fast zeitgleich erschienen Films „Carol“, welcher eine Beziehung zwischen zwei Frauen im New York der 50er Jahre erzählt, bleibt aus.

„The Danish Girl“ erzeugt einen ruhigen Fluss, der Raum schafft, um die Ernsthaftigkeit der Geschichte zu erfassen, ganz ohne sie in Dramatik zu ersticken. Eddie Redmayne verkörpert den Wandel von Einar zu Lili gekonnt. Er erkundet Lili Schritt für Schritt, entdeckt ihr Lächeln, erprobt ihre Daseinsberechtigung, zunächst mit großer Schuld, aber zunehmend souveräner. Wirklich nur an wenigen Stellen nervt Lilis neu erworbene Sensibilität, da sie zu oft in Szene gesetzt wurde. Im Großen und Ganzen ist „The Danish Girl“ ohne Frage ein Meisterwerk des Films, das weit über die Grenzen der Unterhaltung hinausgeht. Der Film gewährt uns Zugang zu einem Thema, zu dem viele kaum direkten Kontakt haben. Das geschieht weder auf anstrengende, noch auf hysterische Weise, dennoch muss man sich wohl darauf einlassen wollen.

Thematisch behandelt der Film von Feminismus bis Transgender und Intersexualität gesellschaftliche Themen, die einem bei Star Wars erspart bleiben, zerstört die ein oder andere Vorstellung von Zusammenhang von Sexualität und Gender und hält nebenbei noch einen Finger in die Wunde der eigenen Vorurteile, die wir ja glücklicherweise gerade in unserer studentischen Findungsphase erkunden und entstabilisieren.

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