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Psychische Probleme priorisieren
Dunkel Hell

Psychische Probleme priorisieren

  • Das Bamberger Projekt „Klärwerk“ sammelt regionale psychotherapeutische Angebote auf einer Website. Wir haben mit Ansprechpartner Bertrand Eitel über die Entstehung, die Hintergründe und aktuelle Aufgaben von „Klärwerk“ gesprochen.

Bei der Suche nach psychischen Unterstützungsangeboten hilft „Klärwerk“ Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Wir wollen mit diesem Artikel zur Enttabuisierung von psychischen Krankheiten beitragen und euch darin bestärken, euch um eure psychische Gesundheit zu kümmern. Denn als Student*innen fallen auch wir in die Zielgruppe, die bei „Klärwerk“ Türen zur Unterstützung aufgezeigt bekommt.

Über Impulsgeber und die darauffolgende Internetpräsenz

„Im Frühjahr 2021 kam der Kinder- und Jugendtherapeut Christoph Treubel auf uns zu und spiegelte uns den Bedarf“, erinnert sich Bertrand Eitel, „es war kein Erfordernis, uns da zu überzeugen. Alle waren einverstanden. Die Frage war: ‚Wie machen wir das?‘“.

Diesem Impuls folgend wurde ein Orga-Team gebildet. Gemeinsam haben die drei Kolleg*innen aus dem Gesundheitsamt, der Geschäftsleiter der Gesundheitsregion Plus, Dr. Martin Diruf, und die beiden Mitarbeiter*innen aus dem Amt für Inklusion der Stadt Bamberg, Frau Hofmann und Bertrand Eitel, einen Plan gestrickt: Es soll eine Homepage entstehen, die vorhandene Unterstützungsangebote sammelt und transparent macht. Schnell war ein Name gefunden: „Herr Diruf hat „Klärwerk“ vorgeschlagen. Den fanden wir alle ganz gut, weil er ein bisschen zweideutig ist und somit gut im Gedächtnis bleibt“, erklärt Eitel.

„Wir haben dann Fachleute aus verschiedenen Milieus angesprochen, also zum Beispiel aus der Schule, Jugendarbeit, Jugendhilfe, Uni und Betreuungslehrer*innen und geschaut, was die Themen sind und welche Angebote bereits bestehen“, berichtet er, „und dann wollen wir die Lücken schließen“. Beispielsweise ist es denkbar, Vorträge und Ausstellungen auszuarbeiten. „Es geht auch viel um die Sensibilisierung der Stadtgesellschaft“, erklärt der Ansprechpartner im Amt für Inklusion Bamberg. Die Finanzierung der Angebote stehe meist schon durch die Budgets der Fachkräfte. Das Team hofft, dass für neue Projekte viel über die Geldgeber*innen finanziert wird – also beispielsweise die Krankenkassen oder auch die Jugendarbeitsträger. „Als Backup sind wir dann da und können Angebote mitfinanzieren“, fügt Eitel hinzu.

Zwei in einem: Angebote nutzen und neue Angebote melden

„Klärwerk“ ist sowohl eine Anlaufstelle für Fachleute, die auf ihre Angebote aufmerksam machen wollen, als auch für Betroffene, die nach Unterstützung suchen. „Fachpersonen oder Engagierte, die andere mit Angeboten unterstützen wollen, können gerne bei uns anrufen und melden, welches Angebot sie umsetzen wollen. Dann können wir überlegen, ob wir mit finanzieller Unterstützung, Expertise und Räumlichkeiten unterstützen können“, so Eitel.

Es seien schon viele Fachleute, also Therapeut*innen, Jugendarbeiter*innen und Lehrer*innen mit im Boot, erzählt er. Die Homepage komme gut an, denn sie schaffe eine einfach auffindbare Anlaufstelle. „Das ist oft die Krux an der Sache: Es gibt Angebote, aber die Leute wissen nicht davon“, schätzt Eitel die Lage psychotherapeutischer Unterstützungsangebote ein.

Die Zielgruppe, die spezifisch von „Klärwerk“ angesprochen werden soll, sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Die Homepage soll jungen Menschen dabei helfen, den ersten Schritt zu wagen und sich Hilfe zu suchen. „Betroffene fühlen sich mit ihren Problemen oft allein und zögern dann den Moment, sich Hilfe zu suchen, zu lange raus“, meint Eitel. Das Team von „Klärwerk“ will für diese Personen Türen aufzeigen und neue Türen einsetzen: „Durch die Tür gehen und sich seinen Sorgen stellen muss jede*r einzeln.“Auch mit Sorgen, die noch nicht von Angeboten abgedeckt werden, können sich Betroffene bei „Klärwerk“ melden: „Wir freuen uns auch über Indizien für Lücken, die mit einem Angebot erschlossen werden können.“

Corona als negativer Verstärker

„Es wird gerade oft zurückgemeldet, dass viele Kinder Unruhe haben und eine kleine Frustrationstoleranz. Das sind noch keine psychischen Krankheiten, aber das sind Vorboten von gesellschaftlichen Problemen durch Corona“, berichtet Eitel. Auch er selbst habe die zusätzlichen Herausforderungen für die Psyche durch Corona wahrgenommen: „Homeschooling war eine riesengroße Belastung für Familien, das alles unter einen Hut zu bringen. Und dazu kamen noch die Sorgen um die Pandemie.“ Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat beispielsweise im letzten Jahr von der stärkeren psychischen Belastung durch die Pandemie berichtet. Nach einer Studie der NAKO, Deutschlands größtem Forschungsprojekt zur Gesundheit der Allgemeinbevölkerung, ist beispielsweise der Anteil derjenigen mit moderat bis schwer ausgeprägten depressiven Symptomen von 6,4 auf 8,8 Prozent angestiegen. Auch der Stress, den die Befragten empfanden, hat zugenommen – in allen Altersgruppen.

Und wie sah das bei uns Student*innen aus? „Auch in der Uni, durch den Online-Unterricht, kommt es da zu einer sozialen Isolation von jungen Erwachsenen in einer wirklich wichtigen Phase des Lebens. Begrenzt zu sein, wenig Kontakt zu haben und eben nicht ganz in einer Stadt anzukommen, weil alles im Lockdown ist, hat Probleme verschärft“, stellt Bertrand Eitel fest. Er sieht darin eine Langzeit-Aufgabe: „Das ist Konsens und da berichtet auch die Uni, dass es Bedarf gibt. Das wird uns als gesellschaftliches Problem noch länger beschäftigen.“

So findest du „Klärwerk“

Die Homepage des Projekts ist bereits aktiv. Weitere Schritte der Öffentlichkeitsarbeit sollen bald folgen: „Wir müssen schauen, was wir mit der begrenzten Zeit und den begrenzten Ressourcen machen können“, so Eitel. Er und sein Team haben sich einige Strategien überlegt, um Bamberg auf „Klärwerk“ aufmerksam zu machen: „Wir wollen Visitenkarten erstellen, die wir mitgeben können und wir planen auf Social-Media aktiv zu sein – zwar wahrscheinlich nicht mit einem eigenen Kanal, aber beispielsweise auf Seiten der Stadt Bamberg oder über Influencer*innen.“

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