Elias Drost, Jahrgang '97: Das fränkisch-niederbayerische Hybrid stieß im Sommer…
Chiara Riedel kommt aus NRW und konnte bis vor kurzem…
Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände: Vor einem Jahr schaffte das Institut für Kommunikationswissenschaft das Pflichtpraktikum für die Zulassung zum Studium ab. Für Abiturienten sei es zu schwierig geworden, einen entsprechenden Praktikumsplatz zu finden. Nur noch der Numerus Clausus sollte den Zugang regeln. Dachte man zumindest. Wegen zu niedriger Auslastung beschloss das bayerische Kultusministerium aber, dem Institut für Kommunikationswissenschaft ab dem Wintersemester 2017/18 keinen NC mehr zu genehmigen (alle Hintergründe könnt ihr auf ottfried.de nachlesen).
Ob vorhersehbar oder nicht – der Studiengang war jetzt jedenfalls zulassungsfrei und niedrige Auslastung sicher kein Problem mehr: 411 statt eigentlich geplanter 112 Erstsemesterstudierende immatrikulierten sich in Bamberg. Kurzfristig wurde die Universitäts-Aula zum Vorlesungssaal umfunktioniert, um die große Mediensystem-Vorlesung unterzubringen. Nach einem Halbjahr mit 3,6‑facher Auslastung im ersten Semester zieht der Kowi-Professor und Dekan der geistes- und kulturwissenschaftlichen Fakultät, Markus Behmer, eine vorsichtig optimistische Bilanz. „Wir haben natürlich alles getan, um allen Studierenden ein gutes Semester zu ermöglichen“, sagt er.
Damit es wenigstens annähernd genug Erstsemesterkurse gibt, haben wir vor allem umstrukturiert
Das Angebot in den höheren Bachelor-Semestern und im Master wurde etwas ausgedünnt, um genug Lehrpersonal für die Anfänger zu haben.
Das Problem:
Die Uni konnte so kurzfristig nicht mehr Geld vom bayerischen Freistaat bekommen. Die Studienzuschussmittel für jedes Institut berechnen sich nach den Studierendenzahlen des Vorjahres, und da lief an der Bamberger Kowi noch alles nach Plan. „Trotzdem haben wir einige zusätzliche Kurse einrichten können“, freut sich Behmer. „Das hat uns aber durchaus an unsere finanziellen Grenzen gebracht.“ Die Qualität der Lehre habe aber nicht gelitten. Die Durchfallquoten der drei Einführungsvorlesungen zeigen hier ein gemischtes Bild: Während in einer der Klausuren sonst zwischen 15 und 30 Prozent durchfielen, waren es jetzt 37 Prozent. In einer anderen fiel die Quote jedoch um 21 Prozentpunkte, in der dritten stieg sie unwesentlich von 0 auf 1 Prozent.
Jetzt im Sommersemester soll alles noch besser werden.
Für eine Übergangszeit bis 2020 wurden der Kowi vier neue Vollzeitstellen genehmigt und im Blitzverfahren besetzt. „Ein großer Dank geht hier an die neuen und alten Mitarbeiter, die sehr schnell und sehr effizient zusammengearbeitet haben“, betont Behmer. Auch Lehraufträge, also Kurse nicht festangestellter Dozierender, wird es mehr als bisher geben, vor allem im stark belasteten Praxisbereich. Für Tutorien steht ab jetzt mehr Geld zur Verfügung und auch der jährlichen Finanzspritze der Landesregierung sieht man zuversichtlich entgegen. „Mit der Berechnungsgrundlage aus dem letzten Winter erhoffen wir etwa das 1,4‑fache an Studienzuschüssen“, erklärt Behmer.
Auch in Ausstattung soll investiert werden:
Mit neuen PCs, Kameras und Software wird das Multimediastudio auf den neuesten Stand gebracht. Im Wintersemester rechnet das Institut auch wieder fest mit einem NC. „Ich bin chronischer Optimist“, sagt Kowi-Prof Behmer. „Wir kriegen das auch zukünftig gut hin.“
Mittlerweile sind auch die Kowi-Studierenden optimistisch:
Deliah, 21
Weil wir so viele waren, habe ich im Winter leider kein Grundlagenseminar belegen können. Die Uni hat zwar alles versucht, um uns das zu ermöglichen, aber es war letztlich wohl einfach nicht machbar. Dass ich durch eine Klausur gefallen bin, ist meine eigene Schuld, dafür kann die Uni nichts. Jetzt hat man jedenfalls die Möglichkeit, alles aufzuholen. Es werden viele zusätzliche Kurse in verschiedenen Modulen angeboten. Ich habe dieses Semester auch von niemandem gehört, der in einem Modul gar kein Seminar bekommen hätte. Mir gefällt‘s jedenfalls super und ich bin glücklich, dass ich alles aufholen kann.
Anstrengend fand ich im ersten Semester vor allem, dass man wegen der vielen Studierenden oft Referate zu sechst halten musste – ein klares Minus. Ich konnte auch definitiv nicht alles belegen, was ich wollte. Letztlich habe ich unter 30 ECTS studieren müssen. Ich hatte aber auch den Eindruck, dass die Dozierenden größtenteils genauso unter der Situation litten wie wir. Trotzdem waren sie immer verständnisvoll, nie unhöflich und haben sich immer Zeit genommen, wenn man mal Fragen hatte. Jetzt im zweiten Semester habe ich mich insgesamt auf fast 30 Seminare beworben. Vier davon habe ich bekommen, damit kann ich gut aufholen.
Sarah, 24
Hannah, 21
Am Anfang war ich mit der Situation überfordert. Man zieht zum ersten Mal von zu Hause aus, kommt neu in die Stadt und kennt niemanden. Und dann noch die Reaktionen in den Einführungstagen: „Schon wieder ein Kowi-Ersti!” Es war schwer, Leute kennenzulernen. In der Aula habe ich nie ein bekanntes Gesicht gesehen und durch das Losverfahren hatte ich keine Seminare mit Freunden. Da fühlt man sich leicht verloren in der Masse. Mit etwas mehr Studienerfahrung sehe ich das jetzt gelassener. Die Uni hat alles versucht, um den Ansturm zu bewältigen. Man merkt jetzt im zweiten Semester eine deutliche Entspannung.
Die Vorlesung in der Aula war der Horror! Die Akustik war viel zu schlecht und es waren einfach viel zu viele Menschen. Es sind dann auch echt viele durchgefallen. Im Winter hat mir das Studium keinen Spaß gemacht, weil man das Gefühl hatte, nie in der Regelstudienzeit fertig zu werden. Noch dazu gab es in den Kursen immer einen gewissen Lärmpegel. Zum Glück kamen jetzt im Sommersemester keine neuen Erstis dazu, sodass in den Vorlesungen viel weniger Menschen sitzen und die Dozenten auch merklich entspannter sind. Jetzt macht Kowi Spaß!
Marika, 28
Tobias, 23, Institutsansprechpartner
Als einer von zwei Ansprechpartnern für die Erstis habe ich viel von den Problemen mitbekommen. Es herrschte teils ein bisschen Panik und einige haben überlegt, wieder abzubrechen. Wir haben davon abgeraten und das Institut hat viel getan, um Plätze für die Erstsemester zu schaffen. Das scheint ganz gut geklappt zu haben: Weil wir letztes Semester so mit Fragen überrannt wurden, hatten wir jetzt im Sommer Beratungstermine für die Zweitsemester angeboten. Gekommen ist da genau eine Person. Dass offenbar kein Beratungsbedarf mehr besteht, heißt für uns: Besser hätte es die Uni nicht machen können.
Dieser Artikel erschien in unserer Printausgabe vom 23. Mai 2018.
Elias Drost, Jahrgang '97: Das fränkisch-niederbayerische Hybrid stieß im Sommer 2017 zum Ottfried und ist seither fester Bestandteil der Redaktion. Sein durch den Chorgesang geschultes Organ macht ihn auf Redaktionssitzungen unüberhörbar. Mit seiner warmen Bassstimme wird er in Zukunft alle Artikel als Hörbücher einsprechen.
Chiara Riedel kommt aus NRW und konnte bis vor kurzem noch nicht den fränkischen Rechen von den bayrischen Rauten unterscheiden. Nach kurzer Akklimatisierung und Umstellung von Pfanni-Knödeln mit Buletten auf echten Kloß mit Soß hat man Chiara sogar zum Onlinevorstand vom Ottfried gemacht. Gelebte Integration!