Elly übersetzt hobbymäßig Wissenschaft in Deutsch. Ein Glücksmarienkäfer für alle…
Stärkster Einfluss über Gremien und Fakultätsräte
Die größte Möglichkeit der Mitbestimmung liegt in der Entsendung von studentischen Vertreter*innen in die verschiedenen Gremien und Fakultätsräte. Für die Studierendenschaft am relevantesten sind die Fakultätsräte und der Senat.
Vor allem die Fakultätsräte haben durch Entscheidungen, wie die Berufung von Dozent*innen, an ihren jeweiligen Lehrstühlen starken Einfluss auf die tägliche Routine der Studierenden. Zudem wird dort meist auf eine möglichst einstimmige Entscheidung geachtet. Das bedeutet, dass die StuVe, obwohl sie in der Minderheit ist, in der Regel nicht einfach überstimmt wird. Diese Rücksichtnahme auf die Studierenden ist zwar löblich, weist jedoch auf ein Problem größerer Natur hin: Das Mitspracherecht hängt gerade ohne Verfasste Studierendenschaft vom Wohlwollen höhergestellter Personen an der Universität ab. Bei einem Führungswechsel könnte sich das in Luft auflösen. Deswegen kämpfen viele hochschulpolitische Fraktionen für eine gruppenparitätische Besetzung in allen Gremien.
Eine weitere Möglichkeit hochschulpolitischen Handelns besteht im Studierendenparlament (StuPa), welches von allen Studierenden gewählt werden kann. Es besteht aus Vertreter*innen verschiedener Hochschulgruppen und Fachschaften. Für die spezifischen Themen der Hochschulpolitik gibt es verschiedene Referate, welche vergleichbar mit Ministerien sind. Dort können Studis unkompliziert Ideen einbringen, ohne sich mit dem gesamten StuPa auseinandersetzen zu müssen. Die Referate werden außerdem vom StuPa finanziert. Dieses verfügt über ein Jahresbudget von 30.000 Euro, von denen pauschal 900 Euro an jedes Referat ausgezahlt werden. Genutzt werden von diesen finanziellen Mitteln aktuell nur ungefähr ein Drittel.
Neben der Organisation der Referate kann das Studierendenparlament Forderungen an die Universitätsleitung stellen. Allerdings sind die Beschlüsse des StuPas dort nicht bindend. “Die faktische Macht besteht darin, dass das Studierendenparlament Personen in verschiedene Gremien entsendet, zum Beispiel in die Vertreter*innenversammlung des Studierendenwerks, welche den Verwaltungsrat wählt”, erklärt Florian Knoch. Meist befinden sich Studierende jedoch auch hier in der Minderheit.
Hochschulwahlen: Engagement von Bamberger Studis auf niedrigem Niveau
Das nur gut ein Drittel der finanziellen Möglichkeiten genutzt wird, liegt wohl auch an niedrigem Engagement. Doch warum engagieren sich so wenige Studis? Ein möglicher Grund wäre das Gefühl der Machtlosigkeit durch eine fehlende Verfasste Studierendenschaft. Zudem spielt sich die begrenzte vorhandene Einflussnahme von Studierenden oft unter dem Radar ab, wie zum Beispiel auf Fachschafts-Ebene. Dies führe zu einer Abwärtsspirale, meint Elias Leikeb: “Begrenzte Einflussmöglichkeiten führen zu geringer Wahlbeteiligung, dadurch hat zum Beispiel das StuPa dann eine geringe Legitimität.
Das führt wieder zu begrenzten Einflussmöglichkeiten und geringer Wahlbeteiligung, es geht abwärts.” So bleibt das ohnehin schon eingeschränkte Potenzial eines StuPas, welches sich Fachschafts-unabhängig für die Interessen aller Studis einsetzt, ungenutzt. “Und dem muss man irgendwie entgegenwirken.”, sagt Elias. Ein erster Schritt könnte also eine höhere Wahlbeteiligung sein. Und auch Universitätspräsident Kai Fischbach bekräftigt gegenüber Ottfried: ”Gehen Sie wählen! Bringen Sie sich ein und gestalten Sie mit uns gemeinsam die Zukunft der Universität.”
Macht für Studis an der Uni: Was die Hochschulwahlen bewirken können
Eine Abnahme des studentischen Engagements kam wohl auch durch die Covid-19- Pandemie zustande. Durch fehlende Einführungstage während der Pandemie hätte der Kontakt zwischen vielen Erstis und der StuVe gar nicht erst hergestellt werden können “Vor der Pandemie brauchten wir für die studentische Vollversammlung zwei Hörsäle.”, erinnert sich Florian. Dieses Semester nahmen an der Vollversammlung nur noch um die 30 Leute teil, davon waren allein “um die drei Studis nicht unmittelbar Teil der StuVe”. Von zeitweise fünf politischen Listen im StuPa sind zudem nur noch drei übrig.
Ein weiterer Grund für fehlendes Engagement ist schlichtweg Zeitmangel. Neben einem Studium in Regelstudienzeit und Nebenjob(s) bleibt oft keine Zeit sich einzubringen. Denn gerade frisst das vor allem eines: Freizeit. Hier dürfte die Verfasste Studierendenschaft einen klaren Vorteil mit sich bringen: Durch die eigene Finanzhoheit und mehr finanzielle Mitteln, könnte man denjenigen, die sich engagieren, eine Aufwandsentschädigung auszahlen. An anderen Universitäten in anderen Bundesländern ist das bereits der Fall. Engagement würde so deutlich attraktiver.
Was bedeutet “Verfasste Studierendenschaft” überhaupt?
Gibt es eine verfasste Studierendenschaft, verwalten sich die Studierenden selbst. Meistens gibt es einen sogenannten allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Das ist ein Verein, in dem alle Studierenden verpflichtend Mitglied sind und an den sie einen Beitrag zahlen. Über den AStA haben Studierende außerdem die Möglichkeit, sich in Entscheidungen der Universität mit einzubringen.
Eine Verfasste Studierendenschaft hat zwei große Vorteile: zum einen die finanzielle und zum anderen die juristische Unabhängigkeit. Hätte die Universität Bamberg eine verfasste Studierendenschaft, die pro Semester einen Beitrag von 10 Euro erheben würde, hätten wir, bei aktuellen Studierendenzahlen, jährlich ungefähr 210.000 Euro zur Verfügung, abzüglich diverser Ausgaben, wie zum Beispiel für Buchhaltung oder rechtliche Beratung. Unigruppen hätten so mehr Geld für Projekte, Kampagnen für Referate, es könnten Personen angestellt werden und Engagement könnte vergütet werden. Die Hoffnung ist, dass sich dadurch mehr Studierende engagieren würden.
Der zweite wichtige Vorteil, den eine verfasste Studierendenschaft hat, ist die juristische Unabhängigkeit. Zur Zeit sei die studentische Selbstverwaltung in ein noch “sehr enges juristisches Korsett geknüpft”, meint Elias. Der AStA ist jedoch ein eingetragener Verein und damit eine eigene juristische Körperschaft. Das bedeutet auf der einen Seite, dass man zur Rechenschaft gezogen, das heißt, verklagt werden kann. Auf der anderen Seite bietet es aber auch Möglichkeiten. Zum Beispiel hat die Studierendenschaft auch rechtlich die Möglichkeit, Personen einzustellen und sie kann unabhängig von der Universität Verhandlungen führen, zum Beispiel mit dem VGN oder dem Studierendenwerk.
Hochschulwahlen an der Uni Bamberg: Darum lohnt es sich zu wählen
Obwohl eine Verfasste Studierendenschaft in Bayern aktuell noch nicht legal ist, haben Studierende in Bamberg mehr Mitspracherecht als man auf den ersten Blick denken würde. Damit das langfristig so bleibt, ist es trotzdem wichtig, dass sich etwas verändert: Mehr Mitspracherecht in den Gremien der Universität und im Idealfall eine verfasste Studierendenschaft würde zu mehr Engagement und mehr Einfluss der Studierenden in Prozesse der Universität führen. Ein erster Schritt in die Richtung ist die Stimmabgabe bei den Hochschulwahlen.
Vielen Dank an Florian Knoch und Elias Leikeb für das interessante Hintergrundgespräch. Die Informationen für diesen Artikel verdanken wir vor allem ihnen. Außerdem vielen Dank an Anna Tabea Feifel, Louisa Issing (beide BAGLS), Franz Irger, Anton Reichert (RCDS) und Timo Schmelz (JUSOS), mit denen wir uns ebenfalls ausgetauscht haben, deren Stimmen in diesem Artikel jedoch nicht direkt Gehör finden.
Elly übersetzt hobbymäßig Wissenschaft in Deutsch. Ein Glücksmarienkäfer für alle Otter.