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Der große VC-Faktencheck
Dunkel Hell

Der große VC-Faktencheck

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  • Update: Urheberrechtlich geschützte Texte dürfen im zulässigen Umfang bis zu Beginn des Wintersemesters 2017/2018 weiterhin im VC bleiben.

Nach neuen Beratungen vereinbarten die Verantwortlichen für die Änderungen im VC, namentlich die Kultusministerkonferenz (KMK), die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), die Fortsetzung einer pauschalen Vergütung über die Länder bis 30. September 2017. Eine „sachgerechte und praktikable Lösung“ für alle Beteiligten, die ab dem Wintersemester 2017/2018 in Kraft treten soll, wird derzeit in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe entwickelt.

Was bedeuten die „Änderungen bei der Bereitstellung von Lehrmaterialien in elektronischen Semesterapparaten“ für uns Studierende wirklich?

Seit Kurzem erscheint auf der Anmeldungsseite des Virtuellen Campus ein großer gelber Balken mit der Aufforderung, dass alle urheberrechtlich geschützten Materialien bis zum 01.01.2017 aus dem VC entfernt werden müssen. Dozenten fordern ihre Studierenden dazu auf, alle VC-Texte, die für ihre Seminare benötigt werden, bis spätestens Weihnachten herunterzuladen. In den Uni-Facebookforen und auf Jodel kursiert hartnäckig das Gerücht, dass es zum neuen Jahr überhaupt keine VC-Kurse mehr geben wird und dass der Auslöser dafür ein kontroverser Artikel des Ottfried aus dem letzten Semester sei. Aber was bedeutet all das tatsächlich? Wir haben bei der Uni Kanzlerin Dr. Steuer-Flieser und dem Direktor der Universitätsbibliothek Dr. Franke nachgefragt, was ab nächstem Jahr wirklich auf uns zukommt. Hier kurz und knapp die wichtigsten Fakten rund um die Änderungen bezüglich des VC.

Frau Dr. Steuer-Flieser und Herr Dr. Franke, Foto: Jil Sayffaerth

Was muss aus dem VC entfernt werden?

Alle urheberrechtlich geschützten Sprachwerke, deren Lizenz die Uni Bamberg nicht erworben hat. Das heißt alle Texte, die euch bisher zur Vor- oder Nachbereitung für eure Seminare, Vorlesungen etc. von euren Dozenten bereitgestellt und nicht von ihnen selbst verfasst wurden, werden spätestens ab dem 01.01.2017 nicht mehr in den VC-Kursen zu finden sein. Wenn im VC nach dem 01.01.2017 weiterhin urheberrechtlich geschützte Sprachwerke hochgeladen sind beziehungsweise hochgeladen werden, würde die Uni Bamberg und derjenige, der die Texte hoch lädt, gegen das Urheberrecht verstoßen und damit eine Straftat begehen.

Was bleibt im VC?

Alle Vorlesungsfolien, Referatsfolien und selbst verfassten Texte eurer Dozenten, in denen korrekt zitiert wurde. Auf Folien, vorausgesetzt sie sind von euren Dozenten selbst erstellt und verletzen keine Zitationsrichtlinien, könnt ihr beim Lernen für eure Klausuren also weiterhin zurückgreifen. Außerdem gemeinfreie Texte – das heißt, der Autor ist vor mindestens 70 Jahren verstorben -, elektronisch lizensierte Sprachwerke und Open Access Werke.

Was bedeutet das für mich und mein Studium konkret?

Downloaden was geht. Für dieses Wintersemester wurden alle Dozenten angehalten, alle Texte, die sie für ihre Kurse benötigen, bis spätestens Weihnachten hochzuladen, damit die Studierenden die betroffenen Materialien privat abspeichern können. Somit müsst ihr euch bis zum Ende des Wintersemesters erstmal wenig Gedanken darübermachen, wo ihre eure notwendige Lektüre herbekommt. Wie es allerdings nach dem Wintersemester weitergehen soll, weiß keiner so genau. Denn wohl kaum ein Dozent wird jetzt schon die Texte für das kommende Sommersemester hochladen.

Warum das alles?

So wie es zum Beispiel die GEMA für Musik gibt, gibt es auch für Sprachwerke eine Verwertungsgesellschaft: die VG Wort. Sie kümmert sich um die Vergütungsansprüche und verteilt Gelder an Autoren und Verlage. Bisher zahlten die Unis eine jährliche Pauschale für die genutzte Literatur. Nun soll laut dem neuen Unirahmenvertrag ab Januar 2017 eine Einzelabrechnung erfolgen: Damit fällt pro Seite eine Gebühr von 0,8 Cent an. Dazu sollen die Dozenten in Zukunft die für ihre Lehrveranstaltungen genutzten Werke einzeln auf ihre Lizenzen prüfen und der VG Wort eine genaue Auflistung über das genutzte Werk, den Seitenumfang und die Teilnehmendenzahl der Lehrveranstaltung zukommen lassen – ein enormer Mehraufwand für alle Lehrenden, welchen die Uni Bamberg für schlichtweg nicht zumutbar hält.

Wie verhält sich die Uni Bamberg?

Wie alle anderen bayerischen Universitäten und zahlreiche Hochschulen deutschlandweit weigert sich die Uni Bamberg dem neuen Unirahmenvertrag beizutreten. Es geht ihr dabei nicht um den zukünftig zu leistenden finanziellen Betrag, sondern um den immensen Arbeitsaufwand, der sowohl für die Dozenten als auch für die Univerwaltung durch zahlreiche weitere Arbeitsschritte und Abrechnungen entstehen würde. Sie möchte damit ein politisches Signal setzen und die VG Wort zum Einlenken bringen, damit ein, für die Hochschulen tragbarer, neuer Unirahmenvertrag aufgesetzt werden kann oder sogar der Gesetzgeber reagiert. Da die Uni Bamberg dem neuen Unirahmenvertrag nicht zugestimmt hat, kann sie urheberrechtlich geschützte Texte nicht mehr wie bisher in den VC stellen, weil sie damit gegen das Urheberrecht verstoßen würde.

Was passiert, wenn die VG Wort nicht einlenkt?

Wenn sowohl VG Wort als auch die Unis auf ihrem Standpunkt beharren, müssen wir unsere Studienlektüre ab dem Sommersemester wie in vordigitalen Zeiten in der Bib suchen und lesen. 12 Prozent eines Buches dürfen für den Eigenbedarf sogar kopiert und mit nach Hause genommen werden. Trotzdem müssen wir dann mit einem großen Ansturm auf die Bibliotheken und jegliche Pflichtlektüre rechnen. Wer schon mal in der Klausurenphase in der Bib war, wird sich das ungefähr ausmalen können.

Was tut die Uni, um den Studierenden den Zugang zur Pflichtlektüre ohne VC zu erleichtern?

Die Unileitung hofft bisher darauf, dass bis zum Sommersemester eine neue Lösung mit der VG Wort gefunden ist und die Bereitstellung der Lektüre über den VC keine Straftat mehr darstellt. Deswegen sind zurzeit keine besonderen Maßnahmen bezüglich nicht digitaler Lektürenbeschaffung geplant. Neue Scanner will die Uni Bamberg, laut Dr. Franke, sowieso anschaffen, das Bücherangebot und die Bibliotheksplätze sollen jedoch nicht deswegen aufgestockt werden. Ebenso wird es keine Rechtsbelehrung außerhalb der Ankündigung im VC bezüglich der neuen Situation für die Studierenden geben.

Was hat der Ottfried Artikel „Schlechtes Vorbild?“ über Fehler in Vorlesungsfolien von Dozenten in Ausgabe 101 mit den Änderungen im VC zu tun?

Nichts. Der Artikel beschäftigt sich mit der Frage, ob Dozenten ihre Vorbildfunktion gegenüber Studierenden erfüllen, wenn sie in ihren Vorlesungsfolien nicht korrekt zitieren. Der VC und die Literatur darin werden in dem Artikel nicht thematisiert. Die Änderungen im VC sind zurückzuführen auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013, in dem die Einzelvergütung von Sprachwerken in Form eines neuen Rahmenvertrags beschlossen wurde. Der Vertrag tritt mit Wirkung zum 01.01.2017 in Kraft.
Zur Erinnerung: Der Artikel „Schlechtes Vorbild“ erschien erst im Juli 2016 und hätte so, selbst wenn er sich mit Literaturbereitstellung im VC auseinandergesetzt hätte, keinerlei Auswirkungen auf ein Urteil von 2013 haben können.

Und hier nochmal alles auf einen Blick in unter 60 Sekunden:

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