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Herzlich Willkommen im Rechtsruck!

Herzlich Willkommen im Rechtsruck!

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  • In den vergangenen Wochen und Monaten wurden rechtsextreme Meinungen und Handlungen immer populärer und konkreter. Mit der Auftaktveranstaltung am 10. Dezember 2024 brachten die Organisator*innen der Gruppe „Studis gegen Rechts“ den in Deutschland immer größer werdenden Trend nahe. Im Hörsaal der Uni Bamberg kamen schätzungsweise 150 Menschen zusammen, die sich dessen bewusst sind und nicht mehr jeden Tag diese Hilflosigkeit und Taubheit, die nach dem Nachrichten schauen alle erschüttert, spüren möchten.

Studis gegen Rechts ist eine bundesweite Studierendenbewegung, welche sich beim letztjährigen Bundesparteitag der AfD in Essen gründete. Seitdem gibt es diese in Deutschland und an verschiedenen Unis. Ihre Motivation besteht darin, den Ursachen auf den Grund zu gehen, wieso ein enormer Teil der Gesellschaft nach rechts rückt. Dem ganzen wollen sie entgegenwirken und sich auch signifikant der AfD in den Weg stellen. Sie möchten alle Meschen zusammenbringen, egal welcher Strömung angehörig, da der Kampf gegen den Faschismus uns alle betrifft. Es gibt bundesweite Eckpunkte, wie die Unterstützung und ein aktives Engagement, sowie die Vernetzung der diversen Gruppen untereinander.

Fallende Brandmauer

„Die Brandmauer gegen rechts ist am Fallen. Herzlich willkommen im Rechtsruck!“, leitete Tini von Studis gegen Rechts die Veranstaltung ein. Neben Trumps neu besetzten Regierungsposten, einer zerbrochenen Ampel aufgrund eigener Interessen der FdP und den darauffolgenden Neuwahlen im Februar, dem vermutlich nächsten Kanzler Friedrich Merz, der sich 1995 unter anderem gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe aussprach und genauso wie die AfD gegen Geflüchtete hetzt, weil sie im „die Zahnarzttermine wegnehmen“ würden, steht nun auch die AfD vor der Tür. Nachdem sie in Thüringen mit 30% die Stärkste Kraft bildeten, hört es hier leider noch nicht auf: denn laut Bundesverfassungsgericht wird jene Partei nicht als gesichert extremistisch eingestuft, weil dies die Wahlentscheidung der Bürger*innen vermeintlich beeinflussen würde. „Wir werden Ausländer in ihre Heimat zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimplan. Das ist ein Versprechen.“ – ein Post des AfD Mitglieds René Springer auf der Plattform X, ehemalig Twitter. „Das sind konkrete Deportationspläne!“, so Tini in ihrem Rundumschlag am Anfang der Veranstaltung.

Warum der „plötzliche“ Aufschwung der AfD?

Dass die Brandmauer gegen rechts fällt, hat Gründe, wie die Sparpolitik der Bundesregierung. Denn der Staat stellt weniger Geld für Investitionen im öffentlichen Bereich zur Verfügung, was dann unter anderem dazu führt, dass der öffentliche Nahverkehr immer teurer wird und es in Schulen von den Dächern tropft, weil einfach zu wenig Geld da ist, um diese zu renovieren. Doch die Rechten, nehmen sich die Geflüchteten als Sündenbock. Alle wollen ein Stück vom Kuchen, nur die Geflüchteten nehmen am meisten. Dass besagter Kuchen allerdings zu klein ist, liegt nicht daran, dass andere mehr bekommen, sondern an berüchtigter Schuldenbremse. Durch diese kann der Staat keine Schulden mehr aufnehmen, um eine Staatsverschuldung zu vermeiden.

„Eine Reduzierung der regionalen, öffentlichen Ausgaben um 1%, führte zu einem Anstieg des Stimmenanteiles extremer Parteien um etwa 3 Prozentpunkte“

Weiterer Grund ist auch die Schere zwischen Arm und Reich, welche sich immer weiter öffnet. Die reichsten 10% in Deutschland verfügen über mehr als die Hälfte des deutschen Vermögens. Die untersten 20% besitzen jedoch nichts. Dementsprechend bietet dann die Angst vor der eigenen Zukunft und Existenz einen perfekten Nährboden von Erzählungen und Lügenkonstruktionen von rechts. Oftmals sind die „Schuldigen“ dann Menschen mit Behinderung(en), People of Colour (POC), queere Menschen und eben auch Geflüchtete.

Widersetzen

Es ist ein Versuch den AfD Bundesparteitag im Januar nächsten Jahres zu verhindern. In Riesa, einer kleinen 30.000 Einwohnerinnen-Stadt in Sachsen, planen die Organisatorinnen einen zivilen Ungehorsam am 11. Januar 2025. Die AfD will Massendeportationen, möchte ein völkisch ethnisch reines Deutschland und ist der parlamentarische Arm einer rechtsextremen Bewegung in ganz Deutschland. Das sind für das Widersetzen-Team Gründe genug, wieso sie sich dem stellen und zivilen Ungehorsam leisten wollen. Riesa ist dabei ein Anfang einer Bewegung und hoffentlich auch einer neuen Tradition. Denn es reicht leider nicht, dass alle im Januar einmal im Jahr auf die Straße gehen, demonstrieren und dann nach Hause gehen. Riesa soll nur ein Anfang sein. Es ist eine Demonstration mit mehreren Beteiligungsmöglichkeiten: Es startet früh, denn es geht darum möglichst gleich zu verhindern, dass die AfD ihren Parteitag durchführen kann. Auf der anderen Seite gibt es auch noch eine Demonstration mit einem Konzert. Die ganze Aktion funktioniert allerdings nur zusammen. Egal was man selbst in Riesa macht, Hauptsache man ist dabei.

Selbstinitiative zeigen!

Wer jetzt ein Kribbeln in den Fingern verspürt und das Bedürfnis hat, mitmachen zu wollen- hier sind einige Anhaltspunkte:
Nach Riesa besteht das Angebot mit den Organisierenden per Bus hinzufahren. Auf dem Instagram-Account @widersetzenbamberg finden sich alle wichtigen Informationen, wie Ticketkauf und auch die Mail, falls man Fragen haben sollte.
Außerdem kann man bei den Studis gegen Rechts in sogenannte Arbeitskreise eintreten, in denen man sich in verschiedenen Bereichen selbst engagiert. Oder man tritt gleich den Organisator*innen bei. Alles Wichtige findet sich auf deren Instagram-Seite @studiesgegenrechts_bamberg.

Resümee

Die Auftaktversammlung der Studis gegen Rechts war ein „unfassbarer Erfolg [und] lief super glatt!“, berichtet Franzi, Mitglied der Gruppe. Es gäbe zwar noch keinen vorgefertigten Plan für die nächsten 5 Jahre, aber Riesa bietet da schonmal den Anfang. In den folgenden Wochen werden sie sich nicht nur mit der Planung vom zivilem Ungehorsam beschäftigen, sondern eben auch damit, wie man dem Rechtsruck gesellschaftlich entgegenwirken kann. Denn „die AfD [ist] auch nicht aus dem Nichts auf[ge]ploppt.“, entgegnet Franzi. Es ist ein Kampf gegen die Faschisierung in der Gesellschaft. Mit letzten ermutigenden Worten richtet sich Franzi an die Leser*innenschaft:

„Aus dieser Lethargie rauszukommen. Aus dieser Ohnmacht, in der sich irgendwie total viele befinden.“

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