Support Student Journalism!
Du liest gerade
Zirkus-Kamele in Bamberg? Nicht ohne Protest!

Zirkus-Kamele in Bamberg? Nicht ohne Protest!

Avatar-Foto
  • Buntes Zirkuszelt hinter der Brose Arena – der renommierte Circus Barnum zeigte vom 18. bis 27. Oktober Shows in Bamberg. Geworben wird mit Clowns, Artist*innen und exotischen Tieren. Neben dem Zelt bildet sich eine Gegendemonstration, die den Einsatz von Tieren im Unterhaltungssektor kritisiert. Wir sprechen mit beiden Seiten.
Man sieht das Zirkuszelt des Circus Barnum.

In den vergangenen Wochen prägten große, auffällige Schilder die Hauptstraßen Bambergs: „Circus Barnum“ stand in großen Buchstaben geschrieben, begleitet von Bildern eines Clowns, eines Kamels, eines Tigers und eines Pferdes. Das Verkaufsargument darunter: „Mit über 60 Tieren!“. Zehn Tage lang steht der Zirkus nahe der Brose Arena. Vergangenen Samstag fanden sich zu Beginn der Vorstellung einige Aktivist*innen zusammen, welche mit dem Werbeslogan und einem derartigen Konzept eines Zirkusses alles andere als einverstanden sind.

Auf dem Weg zum Ticketverkauf sprechen wir mit einigen Besucher*innen und fragen sie, auf was sie sich am meisten freuen. „Auf die Clowns“, sagt eine ältere Besucherin, doch ihre Enkelin fällt ihr lauthals ins Wort: „Nein! Auf das Pferd, auf die Tiere.“ Auch bei den anderen Besucher*innen spiegelt sich dieses Bild wider – die Älteren freuen sich auf die Artist*innen, die Jüngeren auf die Tiere. Die erwachsenen Begleiter*innen sind in erster Linie hier, um ihren Kindern eine Freude zu machen. Obwohl viele von ihnen auch Kritik an Tierhaltung im Zirkus äußern. „Ich bin selbst eigentlich dagegen“, erzählt uns ein Vater. „ Ich meide eigentlich auch Zoos so gut es geht. Für mich ist da gar nichts interessant, nur für die Kids.“ Aber trotz kritischer Einstellung machten sich er und die anderen Besucher*innen auf den Weg Richtung Manege ohne den Tierschützern große Beachtung zu schenken. 

Tierhalter aus Überzeugung

Draußen sind nur noch die Gegendemonstration und der Zirkusdirektor Markus Kaiser hinter dem Ticketschalter verblieben. Wir fragen nach, wie er zu den Protestierenden steht. „Wir haben nichts gegen diese Leute. Jeder Mensch hat seine eigene Meinung“, sagt Kaiser. Seine ist: Seine Tiere leben artgerecht. „Es gibt keinen Tierbetrieb in Deutschland, der so oft kontrolliert wird wie wir. Bei uns kommt einmal die Woche das Veterinäramt.“ Kaiser fühlt sich sicher in seiner Position als verantwortungsvoller Tierhalter. Wir haken nach, ob er sich vorstellen könnte, auch einen tierfreien Zirkus zu betreiben.

Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Nein. Dann sind wir kein Zirkus mehr, dann sind wir ein Varieté. Und wenn ich heute ein Kind frage: Was stellst du dir unter einem Zirkus vor? Dann ist das erste, was das Kind sagen wird: Die Tiere und der Clown.“ Er betont nochmals:

„Bei uns stehen Tiere an erster Stelle“

Tierwohl im Zirkus

Die Tierschützer*innen sehen das anders. Sie stehen ein paar Schritte weiter. Mit selbst bemalten Schildern, auf denen Slogans gegen Tiere im Zirkus zu lesen sind. Inzwischen hat die Show begonnen und schwungvolle Musik schallt aus dem Zirkuszelt. Vor Ort sind die Veranstalter AV Bamberg, aber auch andere Aktivist*innen sind angereist. Wir sprechen mit Tierrechtsaktivistin Anna Ritzinger über ihr Anliegen. 

Zu sehen ist eine junge Frau mit dunklen Haaren. Sie trägt einen Wintermantel. Anna Ritzinger ist kein fremdes Gesicht für den Ottfried. In der letzten Ausgabe, Fieber, haben wir sie auf ihrem Lebenshof besucht.
Anna Ritzinger ist kein fremdes Gesicht für den Ottfried. In der letzten Ausgabe, Fieber, haben wir sie auf ihrem Lebenshof besucht. Foto: Anna Marquardt

„Zirkus mit Tieren ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Ritzinger. Die Zirkustiere würden auf unnatürliche Weise trainiert werden, was sich in Entwicklungsstörungen zeige. Auch den ständigen Transport und eingeschränkte Bewegungsfreiheit sieht sie als Belastung für die Tiere. „Es gibt viele Zirkusse, die ohne Tiere arbeiten.“ Zum Beispiel Zirkus Roncalli, der seit 2018 komplett tierfrei ist– und das ziemlich erfolgreich. Anna hat selbst vier Kinder, mit denen sie auch in den Zirkus geht. Nur eben ohne Tiere. „Wenn Kinder Zirkus nur ohne Tiere kennen, dann finden sie ihn gleichermaßen faszinierend. Der Zirkus ohne Tiere ist ja nicht der Zirkus ohne Artist*innen. Er ist einfach anders kreativ und anders mitreißend.“ Auf das Argument des Zirkusdirektors, dass zur Genüge kontrolliert wird, erwidert sie:

 Kontrollen sind schön und gut, aber artgerecht ist nur die Freiheit. Selbst wenn Menschen das kontrollieren, kontrollieren sie nicht aus der Sicht des Tieres, sondern aus der Sicht des Tierschutzgesetzes.“

 

Man sieht Tierschützer, mit Schildern. Sie demonstrieren gegen den Zirkus.
Die Tierschützer:innen demonstrieren gegen Tiere im Zirkus. Foto: Anna Marquardt

Deutschland ist das einzige Land in der EU, das Wildtiere in Zirkussen nicht verbietet oder einschränkt. Erst seit Mai dieses Jahres gibt es erste Verbote bei der Neuanschaffung für bestimmte Wildtiere wie Elefanten, Giraffen oder Affen. Unwissend von der hitzigen Debatte grast die vielleicht letzte Generation an Kamelen hinter der Brose Arena friedlich vor sich hin.

Kommentare anzeigen (0)

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.