Arthur Hiller ist halb Schlesier, halb Oberbayer. Nachdem seine Karriere…
In seinem kleinen Plattenstore in der Unteren Sandstraße empfängt William, 35, seine Kunden hinter einer aus Vitrinen gebauten Theke mit breitem Grinsen. Große Statur, freundliche Augen, markantes Gesicht, Dreitagebart, Wollmütze. William ist ein lässiger, kommunikationsfreudiger Typ mit Berliner Schnauze. Ein echtes Original, das kein Blatt vor den Mund nimmt: „Ick bin en Überlebenskünstler. Dit is praktisch, denn da lernt man die juten und die schlechten Seiten des Lebens kennen. Ick hab alle Seiten des Lebens jesehen“, erzählt William, während er Schallplatten einsortiert.
Der gebürtige Berliner war als DJ unterwegs und besaß in Kreuzberg drei Plattenläden. Doch die Hauptstadt wurde ihm zu groß und er fühlte sich zunehmend unwohler. Kurzerhand fasste er den Entschluss, nach Barcelona auszuwandern. William kehrte Berlin Anfang des Jahres den Rücken, jedoch führte sein Weg ihn nicht nach Katalonien. Es verschlug ihn nach Bamberg – und er liebt es.
DJ Karriere in Berlin
Bevor er nach Bamberg kam, hatte William bereits viel erlebt. In der Berliner Barszene bespielte der DJ namhafte Läden (u.a. Salon zur Wilden Renate, Kater Blau) aber „durch die Geburt meiner kleenen Tochter (Anm. d. Red.: seine Tochter ist 18 Monate alt) bin ick ruhiger jeworden und jetz erfüll ick mir meinen kleenen Traum hier in Bamberg“. William meint damit “Vom Feinsten”, sein neues Plattengeschäft. Dort vertreibt er u.a. Vinylplatten, Deko und Möbelstücke, alte Videospiele, ausgefallene Selfmade-Uhren und Vernissagebilder einer befreundeten Kreuzberger Künstlerin. Ein ungewöhnliches Ladenkonzept oder, wie er es nennt, „allet vom Feinsten!“. Schnell fand er Freunde, die ihm bei der Gestaltung seines Ladens halfen. „Bin darüber echt froh, das meiste mach ich aber alleine“, sagt William.
Auf seinem Weg nach Barcelona war Bamberg nur als Durchgangsstation gedacht, hier wollte „Willy“, wie ihn seine Freunde nennen, einen letzten Stopp einlegen. Letztendlich blieb er in Bamberg. Aber nicht aufgrund des Plattenstores: „Ick wär‘ auch so in Bamberg geblieben, weil die Stadt einfach viel zu bieten hat für ein kleines Kind und die Kleene hier behütet aufwachsen kann.“ Beeindruckt ist er von der „Natur und Leuten, die nicht erst um 4 Uhr nachmittags aufstehen“. „Ick kann hier entspannt leben und habe mein eigenes kleines Projekt“, ergänzt William.
“Wir sagen immer, wir pöbeln nicht, wir animieren.“
Das „kleine Projekt“ umfasst eine beachtliche Sammlung von 40.000 Platten. Zu jeder einzelnen kann er Details nennen. Er nimmt sich selbst nicht zu ernst und bringt eine gute Portion Humor mit. Dennoch, seine Kunden im Laden berät er freundlich und kompetent und hat dabei immer einen Spruch auf den Lippen. Die Begründung für Williams teils schroffe Art liegt seiner Meinung nach in der typischen Berliner Attitüde: „Wir sagen immer, wir pöbeln nicht, wir animieren.“
William ist auch in Bamberg weiterhin als DJ aktiv und hat sich schnell in der hiesigen Szene eingefunden. „Is echt super, dass man hier so schnell rinrutscht. In Berlin muss man um alles betteln, obwohl man jeden kennt. Hier kommste und sagst ‚Hey, hier bin ick! Habta Bock druff?‘“ Über das DJing kam er das erste Mal mit Bamberg in Berührung. Er legte hier bereits in diversen Bars auf, wodurch William schnell Kontakte knüpfte. Überrascht war er von der Größe der Sandkerwa, die er im vergangenen Jahr zum ersten Mal besucht hatte.
Tupperparty mit Vinyl statt Plastik
Einmal im Monat plant William eine Art Tupperwarenparty, nur mit Vinylplatten statt Küchenutensilien. Dabei legt er Platten auf, die man dann käuflich erwerben kann. Beim entspannten Biertrinken hören die Besucher Musik, die „nicht alltäglich“ ist. Disco, Funk, Trip-Hop und Weltmusik sind das Metier von Mr Timeless, wie er sich als DJ nennt. Zeitlos soll es sein, bloß kein Mainstream: „Wenn ick von Weltmusik und Trip-Hop rede, dann meen ick nicht Massive Attack. Dit kennen die Leute ja schon, weeßte? Ick will den Leuten wat vom Feinsten präsentieren.“
Arthur Hiller ist halb Schlesier, halb Oberbayer. Nachdem seine Karriere als Frontmann einer mittelmäßigen Alternativ-Indie-Melodic-Hardcore-Fishbone-Band gescheitert war, beschloss er kurzerhand, sich von nun an journalistischen Aufgaben zu widmen - natürlich nur, um Presserabatte abzugreifen. Beim Ottfried fand er sein neues Zuhause. Seitdem interviewt er gerne und macht hier und da mal einen Schnappschuss. Nebenher ist er Weltverbesserer und mag Bier und Eishockey.