Jil Sayffaerth ist '91 geboren und treibt sich seit dem…
Seit wann fotografierst du denn überhaupt?
Seit zweieinhalb Jahren. Und bei Instagram bin ich seit zwei Jahren.
Die Reisesucht hat schon 2010 angefangen, aber da konnte ich mich noch nicht so für Fotografie begeistern. Also waren auch meine Fotos nicht so wie jetzt. Das hat sich mit der Zeit entwickelt.
Innerhalb einer wahnsinnig kurzen Zeit. Wie kommt es, dass du jetzt so eine Affinität dafür entwickelt hast?
Ich habe mich bei Instagram angemeldet, eigentlich nur aus Spaß. Dann habe ich einen Kumpel kennengelernt, der auch gern fotografiert – meine Freunde fotografieren auch gern – und dann hat sich das so ergeben. Ich habe mir viel angeschaut und mich dadurch selbst weiterentwickelt.
Also hast du dir alles selbst beigebracht?
Ja. Heutzutage geht ja auch viel über Youtube. Es ist alles möglich heutzutage. Sich alles selbst beizubringen. Außerdem habe ich am Anfang viele berühmte Fotografen auf Instagram angeschrieben und gefragt, was ich besser machen kann. Das hat mir geholfen.
Auf Instagram kommt häufig die Frage, welche Kamera ich benutze. Ich sage dann immer, die Kamera ist im Endeffekt unwichtig. Es ist wichtig, was du siehst, was du fühlst in dem Moment. Das ist viel wichtiger als eine fünftausend Euro Kamera. Ich habe eine mittelmäßig gute Kamera und das reicht aus. Es ist viel wichtiger, wie kreativ du bist.
Zu Anfang hast du ja auch einfach Selfies gepostet – wie hast du deine jetzige Richtung, dein Konzept gefunden?
Ich bin immer schon gerne in die Natur. Daher bietet sich das Fotografieren in der Natur an.
Und wie hat sich das Ganze entwickelt? Du hast angefangen, einen Instagram-Account zu führen, zunächst vermutlich erstmal ohne Absicht?
Genau, zunächst erst mal privat. Dann hab‘ ich gemerkt, dass die Bilder gut ankommen. Und dann hat sich das einfach entwickelt: Ich habe über Instagram Leute kennengelernt, die mich beraten haben, was ich besser machen kann. Ich war nicht wirklich zufrieden, wusste nicht, welchen Weg ich einschlagen soll, ob Landschaft oder Portrait. Mir wurde dann geraten: Hab‘ deinen Stil und verfolge den auch. Und das habe ich natürlich dann auch gemacht.
Hast du dadurch automatisch Follower generieren können oder hast du verschiedene Taktiken?
Es ist mit viel Arbeit verbunden. Ich muss mich auf Instagram viel engagieren: Bilder liken, kommentieren, Kontakt aufbauen zu den Followern. Das ist sehr wichtig. Es ist sehr stressig, aber es kommt auch viel zurück.
Was bekommst du denn zurück? Aufmerksamkeit?
Genau, Aufmerksamkeit von Firmen. Die schreiben mich zum Beispiel an, dass ich Werbung für ihre Firma machen soll. Zum Beispiel habe ich jetzt eine Firma, Cleptomanicx, die habe ich angeschrieben, ob ich mit ihnen zusammenarbeiten kann. Die haben gesagt, erstmal nicht für Geld, sondern sie schicken mir einen Gutschein für 300 Euro für ihren Onlineshop, zu.
Dann kann ich mir Artikel aussuchen, die muss ich dann natürlich anziehen und Bilder damit machen. Die lade ich dann auf meinem Kanal hoch, verlinke sie und sie können die Fotos selbst auf ihrem Kanal verwenden. Das ist dann so der erste Schritt einer Kooperation.
Ich konnte auch schon Geld über Instagram verdienen. Stück für Stück will ich das jetzt langsam aufbauen. Momentan ist es noch kein Standbein, aber das soll sich ändern. Es ist auch mit viel Arbeit verbunden, mit viel Zeit, mit viel Kraft.
Ist Instagram der einzige Kanal, den du befeuerst?
Instagram und der Blog, bei dem ich die Landschaftsbilder in voller Auflösung zeigen kann. Den Blog führe ich nebenbei, aber das Augenmerk liegt primär auf meinem Instagram-Account.
Wie viel Zeit steckst du täglich in den Kanal?
Pro Tag sind es drei Stunden. Hinzu kommt die Zeit auf Reisen.
Wie verdienst du denn momentan dein Geld?
Momentan arbeite ich als Koch und helfe in der Firma meines Vaters aus, die machen Musikmanagement. Ich arbeite vier Tage die Woche, verdiene dann natürlich nicht so viel, habe aber mehr Zeit. Und dann kann ich den Instagram-Account gut einplanen.
Wie organisierst du das mit dem Reisen? Auf deinem Feed sieht es ja schon so aus, als wenn du ständig unterwegs wärst.
Ich nehme mir vor, alle zwei Jahre eine größere Reise zu machen. Letztes Jahr war auf Hawaii, für drei Wochen. Im September sind dann die Dolomiten geplant und Island. Ich versuche schon jetzt Hotels anzuschreiben, wo man dann umsonst schlafen kann. Oder Autofirmen, die mir dann ein Auto zur Verfügung stellen. Das ist jetzt schon in Planung.
Wählst du deine Urlaubsorte nach potentiellen Fotomöglichkeiten aus?
Ja, auf jeden Fall. Ich versuche neue Länder zu finden, die noch nicht so totgeschlagen sind von Instagram. Aber es ist schwer, etwas Neues zu finden.
Was glaubst du, welche Destination könnte noch neue Motive liefern?
Marokko auf jeden Fall. Marrakesch. Das liegt schön in der Natur, in der Wüste. Das wird kommen die nächste Zeit. Hast du schon mal von Influencern gehört?
Ja, aber keine richtige Vorstellung. Das ist eine Form von Bloggern, denk ich?
Genau. Also ich schreibe praktisch den Tourismusverband an. Sage, ich würde gern in das Land kommen und Bilder machen vom Land und würde die Bilder in meinem Kanal veröffentlichen und sie verlinken. Und die wiederum können sie für Werbezwecke nutzen. Und dann machen wir aus, wie viel ich pro Bild verdiene.
Wie ist allgemein das Feedback der Firmen? Kennen sie das Konzept von Instagram als Werbeplattform und Einnahmequelle?
Die kennen das schon, aber es gibt viele Instagrammer und somit viele Anfragen. Da musst du schon schauen, wie du das Anschreiben gestaltest. Die ein bisschen heiß machen. In Ländern wie den USA ist das ganz normal, aber auch hier wird es immer mehr.
Du hast ja schon Sponsoring auf deinem Kanal genutzt. Kamen da negative Rückmeldungen durch deine Follower? Viele stören sich ja an Werbung.
Das kriegt man gar nicht so mit. Ich stehe auf dem Bild dann einfach mit einem verlinkten T‑Shirt da, aber das interessiert die gar nicht. Die Follower interessiert, dass das Bild wunderschön ist. Die Werbung sollte praktisch dezent im Hintergrund sein, dann stört es sie nicht.
Instagrammer scheint ein ziemlicher Traumberuf zu sein. Aber ist das Leben, das man führt, wirklich so traumhaft, wie es wirkt?
Es ist mit viel Arbeit verbunden. Man muss eine Reise komplett planen. Es ist nicht nur das Fotografieren. Man muss eine bestimmte Stimmung einfangen. Und die bekommt man nur früh, Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang. Und das muss man planen: Wann steht man auf? So gegen drei. Dann muss man aufstehen, dort hinkommen, dann regnet‘s. Dann hast du an dem Tag einfach kein Glück, weil das Wetter nicht passt. Dann musst du nochmal zum selben Spot zurückkommen, wieder dasselbe Prozedere.
Kann man das dann noch als Urlaub bezeichnen oder ist es pure Arbeit?
Pure Arbeit. Natürlich versuche ich, es immer zu genießen. Aber es ist auch immer sehr stressig.
Ist es dir überhaupt möglich, mit „Normalos“, die nicht fotografieren, zu reisen? Oder bist du nur mit anderen Fotografen unterwegs?
Ich bin nur mit anderen unterwegs, die auch Fotos machen. Viele lernt man ja auch über Instagram kennen. Andere würden zwar auch mitkommen, aber das geht gar nicht. Ich merke dann einfach an ihren Blicken, dass sie sich nach ein paar Minuten denken „So, jetzt ist aber auch mal gut“, wenn ich am Fotografieren bin und das setzt mich unter Druck. Das macht dann keinen Spaß und ich kriege nicht die Fotos hin, die ich haben will. Außerdem habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich dann um drei Uhr nachts aufstehe. Da passt der Tagesablauf dann nicht zusammen.
Hast du das Gefühl, du hast einen „Fotografen-Blick“ entwickelt, siehst du sofort die Motive?
Ich lasse mich von den natürlichen Perspektiven leiten, die ich auffinde. Wenn eine Perspektive schon tausend Leute eingefangen haben, versuche ich eine neue zu wählen, die neu aufzufassen.
Wie ist die Quote: Wie viele Fotos machst du, wie viele landen im Papierkorb?
Auf einer Reise mache ich tausende Bilder, verwenden tu ich dann vielleicht fünf oder sechs.
Verwendest du noch Instagram-Filter oder kommt das nicht in Frage?
Nein, auf keinen Fall! Aber Lightroom und Photoshop.
Machst du noch viel in der Nachbearbeitung?
Wird schon bearbeitet, auf jeden Fall. Aber so wie das Foto geschossen wird, das ist das wichtigste. Es wird dann natürlich noch bearbeitet, aber auch da ist es wichtig, dass du einen eigenen Bearbeitungsstil hast, welche Farben du verwendest, wie der Feed aussehen soll.
Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Der ist etwas blass, aber die grünen Farben stechen hervor.
Ist dein Feed in sich stimmig? Achtest du auch darauf, dass auch die Oberfläche gut aussieht?
Auf jeden Fall. Ich lade kurz das Bild hoch und schaue, ob es in den Feed reinpasst. Wenn nicht, wird es wieder gelöscht. Das muss natürlich in den Feed reinpassen. Ob die Bilder hell oder dunkel sind, das muss natürlich gleichmäßig sein. Und eine Mischung aus Landschaftsbildern und Portraits. Man kann nicht fünf hiervon und dann wieder fünf davon bringen. Da ist alles getimte.
Wie wichtig sind Hashtags?
Wichtig! Ich nutze so 15–20 pro Bild. So viele, wie gehen. Es gibt Feature-Kanäle, die 3.000.000 Follower haben. Die können dein Bild reposten, also sollte man die in den Hashtags erwähnen. Dadurch gewinnt man neue Follower. Hashtags wie beispielsweise #travel verwende ich fast nie.
Was möchtest du zukünftig mit deinem Kanal erreichen? Was strebst du an?
Meinen Kanal auszubauen, Follower und Kunden zu gewinnen.
Mein Ziel ist aber auch, künftig durch meine Klamotten mehr Stil in die Outdoor-Aufnahmen zu bekommen. Ich kleide mich total gerne. Viele Naturfotografen tragen dann auch in ihren Fotos Outdoor-Marken wie Jack Wolfskin. Ich aber möchte die Landschaft mit gutem Kleidungsstil im Bild vermischen. Möchte die Klamotten gut ins Bild einbinden.
Jil Sayffaerth ist '91 geboren und treibt sich seit dem Frühjahr 2014 in Bamberg herum. Seither ist sie auch beim Ottfried aktiv. Sie studiert Pädagogik und lernt für ihre Artikel gerne neue Gesichter kennen. Darüber hinaus hat sie ein Faible für Serien, Speisen und Spielabende.