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„Orange Day“ in Bamberg – Sichtbarkeit für Gewalt an FLINTA schaffen
Dunkel Hell

„Orange Day“ in Bamberg – Sichtbarkeit für Gewalt an FLINTA schaffen

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  • Ende November wurden orange Info-Plakate in die Bamberger Innenstadt geklebt – einige hängen auch jetzt noch, etwa an der Kettenbrücke. Auf ihnen stehen Informationen und Statistiken zu Gewalttaten an Frauen. Johanna und Svenja vom feministischen Bündnis Bamberg erklären uns, was es damit auf sich hat.

Auf meinem Weg durch die Innenstadt bin ich an Plakaten mit Information über Gewalt an Frauen vorbeigelaufen. Unten auf dem Plakat stand, dass für den Inhalt auf dem Plakat das feministische Bündnis verantwortlich ist – was hat es mit den Plakaten auf sich?

Johanna: Wir haben Plakate designt und auf unserer Webseite hochgeladen, damit man sich die ausdrucken kann und die Stadt bekleben kann. Damit wollten wir auf den „Orange Day“, der am 25. November ist, aufmerksam machen und Gewalt an Frauen in das öffentliche Auge in Bamberg rücken. Wenn man die Plakate auf der Straße sieht, wird man direkt mit dem Thema konfrontiert und macht sich hoffentlich Gedanken darüber.

Svenja: Besonders wichtig war uns dabei, verschiedene Gruppen anzusprechen. Wir benennen Gewalttaten an FLINTAs (Frauen, Lesben, Intersex Personen, Nicht-binäre Personen, trans Personen und Agender Personen, Anm. d. Red.) und beziehen so auch die Perspektive von trans Personen mit ein und beachten, dass Frauen und Mädchen mit Behinderung vulnerabler sind. Es ist wichtig, aufzuzeigen, dass marginalisierte Gruppen den Blick brauchen.

Den Blick von Passant*innen beispielsweise?

Svenja: Genau, generell den Blick der breiten Bevölkerung.

Was meint der Begriff „Orange Day”?

Svenja: Der „Orange Day“ ist der internationale Tag zur Beendigung der Gewalt gegen FLINTAs. Wir finden es wichtig, den Tag so zu definieren, weil Statistiken beispielsweise oft nur in binären Kategorien, also Mann und Frau, erstellt werden. Aber es müssen auch Personen eingeschlossen werden, die weiblich sozialisiert sind oder gelesen werden oder Personen, die sich nicht mit dem weiblichen Geschlecht identifizieren. Am „Orange Day“ nehmen wir geschlechtsspezifische Gewalt in den Blick – die kann mit Alltagssexismus anfangen und mit einem Femizid enden. Diese Gewalt passiert zwar leider täglich, aber es ist wichtig, die Aufmerksamkeit international an einem Tag gebündelt auf das Thema zu lenken.

Johanna: Auf den Plakaten haben wir das Thema Femizid auch aufgegriffen: „Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Ex-Partner ermordet.“ Leider haben wir am Abend vor dem „Orange Day“ beobachtet, wie zwei Studierende frisch geklebte Plakate abgerissen haben. Ich erkläre mir das dadurch, dass die beiden vielleicht dachten „aber Männer werden doch auch getötet!“. Da gibt es aber einen großen Unterschied: Beim Femizid geht es darum, dass eine Frau ermordet wird, weil sie eine Frau ist.

Svenja: Entscheidend ist, dass es ein struktureller Mord oder ein strukturelles Tötungsdelikt ist. Die Problematik dahinter ist, dass patriarchale Strukturen solche Taten schützen. So wird nicht sichtbar, dass das System hat.

Welche Reaktionen habt ihr euch durch die Info-Aktion von Passant*innen erhofft?

Johanna: Auf jeden Fall, dass Leute das sehen und sich konfrontiert fühlen. Wir hoffen, sie denken darüber nach, was sie da gelesen haben und erkennen, dass es ein massives Problem in der Gesellschaft ist. Vielleicht hinterfragen sie ja sogar die Strukturen in der Gesellschaft – das mag für eine Plakataktion ein hochgestecktes Ziel sein, aber man muss ja irgendwie klein anfangen.

Svenja: Ja, apropos „klein anfangen“: Wir wollten die Sensibilität erhöhen. Sei es, dass nur jemand im Augenwinkel ein Plakat sieht und dann fällt es ihm*ihr im nächsten Gespräch wieder ein und er*sie berichtet davon. Vielleicht nutzt man es auch als Aufhänger und liest sich weiter in das Thema ein.

Johanna: Auf den Entwürfen, die Online abrufbar sind, stehen unten Quellen, damit man sich weiter informieren kann. Das hatte Svenja vorgeschlagen.

Habt ihr positive Reaktionen bekommen?

Svenja: Unser Instagram-Post wurde auf einigen, privaten Accounts geteilt. Wir freuen uns auch über die Likes, die der Post und die Aktion auf Social Media bekommen haben. Und solidarische Reaktionen gab es regional auch – das ist immer ein schönes Gefühl, dass wir da unterstützt werden. Natürlich bekommen wir eher Feedback von Personen, die unseren Account schon kennen.

Johanna: Genau deswegen haben wir die Aktion so umgesetzt, dass wir auch Menschen außerhalb der bubble erreichen. Es wurde in der Innenstadt plakatiert, wodurch wir auch Menschen erreichen konnten, die sich bisher noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben.

Wie kann man sich die Planung solcher Aktionen bei euch im Bündnis vorstellen?

Johanna: Wir hatten ein normales Treffen, bei dem wir über neue Aktionen gebrainstormt haben. Dann haben wir überlegt: Wer hat Kapazitäten, wer kann was? Wir sind dann darauf gekommen, dass wir zum „Orange Day“ einen informativen Instagram-Post machen wollen. Und es kam die Idee auf, Plakate zu gestalten.

Svenja: Indem wir die Plakat-Designs bereitgestellt haben, wollten wir es zugänglicher machen, sich zum „Orange Day“ einzubringen. So konnten auch Privatpersonen, die nicht Teil des Bündnisses sind, Sichtbarkeit schaffen.

Wann trefft ihr euch? Wie kann man sich einbringen?

Svenja: Wir treffen uns jeden zweiten Freitag im Monat im Balthasar. Da können alle FLINTAs kommen. Bei uns ist es frei, wie man sich einbringen mag und kann. Engagement im Bündnis geht nicht mit einer Verpflichtung einher – man schaut eher, wie viele Kapazitäten für spezifische Daten oder Tage da sind. Beispielsweise ist für den 8. März immer viel geplant, da können sich sehr gerne noch Interessierte beteiligen.

Johanna: Die Plena kündigen wir auch auf Instagram an. Danach findet immer die FLINTA-Bar statt, bei der man ins Gespräch kommen und Zeit miteinander verbringen kann. Im Plenum und auch danach treffen viele verschiedene Leute aufeinander, das mag ich am Bündnis sehr. Einige haben schon Aktivismus-Erfahrung und andere sind neu dabei – da kann man viel voneinander lernen.

Svenja: Das stimmt. Wir sind bunt gemischt: Arbeitende, Studis, Schüler*innen. Wir freuen uns immer über neue Interessierte.

Habt ihr in nächster Zeit eine Aktion geplant, die wir uns in den Kalender eintragen können?

Johanna: Aktuell planen wir Workshops, die demnächst starten sollen. Zum Beispiel wollen wir feministische Basics in Schulen bringen, das Thema kritische Männlichkeit aufgreifen und einen Kurs zu Selbstverteidigung für FLINTAs anbieten, damit man sich auf der Straße sicherer fühlt.

Svenja: Außerdem kann man unsere Demo am 8. März direkt in den Kalender eintragen! Um das Datum rum werden die Workshops dann stattfinden. Dazu posten wir in den nächsten Wochen Informationen auf Social Media.

Wer sich mehr über das Bündnis und geplante Aktionen informieren möchte, kommt hier auf ihr Instagram-Profil: Feministisches Bündnis

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