Elias Drost, Jahrgang '97: Das fränkisch-niederbayerische Hybrid stieß im Sommer…
Wer zum Prüfungsraum am Unisportgelände will, kommt daran vorbei, Jogger kennen ihn sowieso: den Hauptsmoorwald. Hinter dem Berliner Ring im Osten Bambergs erstreckt sich das Naherholungsgebiet bis hinter die A73. Für viele Anwohner der Lieblingsplatz zum Laufen, Radfahren oder Gassi gehen. Geht es nach der Stadt, soll das auf bestimmten Flächen bald nicht mehr möglich sein.
Eine Fläche von über 132 Fußballfeldern soll bebaut werden. Darauf befinden sich der Schießplatz der ehemaligen amerikanischen Kaserne, das Gelände der zugehörigen Munitionsanstalt (MUNA) und vor allem – Wald. Überreste von Army-Baracken und Übungsplätze, aber eben auch ökologisch wertvolle Wiesenflächen und Jahrzehnte alte Eichen sollen hier einem Gewerbegebiet zum Opfer fallen. Außerdem soll die Polizei auf dem Gebiet neue Gebäude bekommen. „Ein Unding!“, schimpfen Gegner und protestieren.
150 Bamberger trafen sich gestern anlässlich des Tags des Baumes auf Einladung der Bürgerinitiative „Für den Hauptsmoorwald“. Bei der Protestaktion maßen die Waldfreunde dabei symbolisch ein Waldstück von drei Hektar aus und sperrten es mit Bändern ab. „Das ist etwa die Fläche, die die Stadt für den Stützpunkt der Polizei vorgesehen hat“, erklärt Volker Braun, einer der Initiatoren. Wie groß drei Hektar sind, merkten die Demonstranten beim Umrunden der Fläche, durchs Unterholz quer durch den dichten Wald. “Natürlich verstehen wir, dass die Polizei mehr Platz braucht“, sagt Braun, der selbst Polizist ist. „Und verständlich ist auch, dass die Stadt Gewerbeeinnahmen generieren will.
Aber muss das auf Kosten eines intakten, naturnahen Waldes gehen?
Die Stadt kontert:
Die zivile Nachnutzung der Militärflächen sei teils sogar gesetzlich vorgeschrieben. Der Schießplatz sei durch Munitionsreste außerdem kontaminiert und deshalb für die Bevölkerung nicht zugänglich. „Nichts tun ist also keine Alternative“, schreibt die Stadtverwaltung auf Anfrage. Die Militärgeschichte wolle man für die Bevölkerung erlebbar machen. Auch die Radweginfrastruktur auf dem Gelände soll verbessert werden, außerdem möchte man 14 Hektar neues Naturschutzgebiet ausweisen.
„Das ist nur ein Trostpflaster“, meint dazu Martin Bücker vom Bund Naturschutz Bamberg. „Was sind 14 Hektar Naturschutzgebiet gegen 60 Hektar Wald, der für das Gewerbegebiet gerodet würde?“ Denn während sich die Stadt bemüht zu betonen, dass es sich lediglich um die Nachnutzung sowieso schon bebauter Flächen handle, weiß Bücker: „Die Böden auf dem Militärgelände sind zum großen Teil gar nicht versiegelt. Da sind zwar Bunker im Boden, aber darauf wächst wertvoller Sandmagerrasen, eine einzigartige Wiesenfläche!“
Dass 23% des Planungsgebietes Wald‑, Wasser- oder Naturflächen, teils mit Schutzstatus bleiben sollen, lassen die Baugegner nicht gelten. „87 Hektar Bebauung sind 87 zu viel“, sagt Volker Braun. „Wir wollen weder für ein Industriegebiet, noch für die Polizei die grüne Lunge Bambergs opfern!“ Alternativen müssten gesucht werden, fordert er, etwa die bessere Nutzung bereits versiegelter Flächen in der Stadt oder andere Brachen.
Hier hat die Stadt aber ein Problem: Die Waldflächen gehören nämlich zum großen Teil dem Bund. Wenn wir die Flächen nicht kaufen, tun es private Investoren, fürchtet man. Dann gäbe es möglicherweise großen Druck, den Wald noch umfassender als Industriegebiet auszuweisen. Deswegen greift die Stadt lieber selbst zu und möchte eben den umstrittenen Bebauungsplan erstellen.
Gegen den ruft die Bürgerinitiative zum Protest auf. „Noch bis 18. Mai kann jeder, der in Bamberg wohnt, im Rahmen der Bürgerbeteiligung eine Stellungnahme dagegen ins Rathaus schicken“, appelliert Mandy Baum, Mitinitiatorin. Parallel dazu läuft online seit einigen Wochen eine Petition, die schon über 19 Tausend Unterzeichner gefunden hat. Die nächsten Schritte auf der Waldrettungsagenda: „Wir übergeben die Unterschriften an die Stadt und den Freistaat, um zu zeigen: Wir sind da!“ Danach soll es ein offizielles Bürgerbegehren geben.
Im nächsten Jahr möchte die Stadt Bamberg die Weichen für Industriegebiet und Polizeistation endgültig stellen. Bis dahin wollen die Freunde des Hauptsmoorwaldes um jeden Baum und jedes Stück Waldboden kämpfen.
Elias Drost, Jahrgang '97: Das fränkisch-niederbayerische Hybrid stieß im Sommer 2017 zum Ottfried und ist seither fester Bestandteil der Redaktion. Sein durch den Chorgesang geschultes Organ macht ihn auf Redaktionssitzungen unüberhörbar. Mit seiner warmen Bassstimme wird er in Zukunft alle Artikel als Hörbücher einsprechen.