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Vorgespielt: Star Wars-upon-Avon
Dunkel Hell

Vorgespielt: Star Wars-upon-Avon

  • Etwa 200 Zuschauer verfolgten am 3. Juni in der Alten Seilerei gespannt die vorerst letzte Aufführung von Ian Doeschers „Fürwahr, eine neue Hoffnung“, eine Star Wars-Interpretation im Stile William Shakespeares. Inszeniert wurde die „Space Opera“ vom „Wildwuchs-Theater“ in Zusammenarbeit mit der „Jazzküche“ und einigen Darstellerinnen des slavistischen Theaters „ArtEast“ der Uni Bamberg.

Ob George Lucas bei dem Satz „Vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis…“ an die Epoche des Elisabethanischen Theaters und Shakespeares dachte, ist fraglich. Was der Dramatiker und Lyriker aus Stratford-upon-Avon wohl aus dem Stoff des Weltraum-Epos gemacht hätte, zeigt Ian Doescher in seinem Stück „Verily, A New Hope“ (dt. „Fürwahr, eine neue Hoffnung“). Wie nun eine Umsetzung dieser ungewöhnlichen Mischung auf der Bühne aussehen kann, demonstriert die Theatergruppe um den Regisseur Frederic Heisig im Wildwuchs-Theater. Die Handlung von „Episode IV – Eine neue Hoffnung“ ist kaum verändert (lediglich gekürzt), beginnt also auf dem Konsularschiff Prinzessin Leias, führt über Owens Feuchtfarm und den Mos Eisley-Raumhafen mit dem Rasenden Falken auf den Todesstern und dann zu Yavin IV, wo die Handlung schließlich endet.

Doch während die Filmvorlage von 1977 mit – für damalige Verhältnisse beeindruckenden – Grafik- und Soundeffekten sowie Action-Szenen arbeitet, bedienen sich die Schauspieler in Bamberg der Mittel des klassischen Dramas: Ein Chor erklärt und kommentiert die Handlung, Dialoge erläutern zwischenmenschliche Ereignisse und Monologe bringen dem Publikum das Seelenleben der Figuren näher. Das minimalistische Bühnenbild und die oftmals sehr einfachen Requisiten verlangen von allen Beteiligten höchste schauspielerische Leistungen, doch spätestens bei der alles entscheidenden Raumschlacht um den Todesstern werden die Grenzen der Kulisse deutlich. Ähnliches gilt für die von den Darstellern selbst erzeugten Geräusche – sei es Blasterfeuer oder der Antrieb eines Raumschiffs –, die einerseits den humoristischen Anspruch des Stücks verdeutlichen, andererseits jedoch die Bedeutung oder Tragweite bestimmter Szenen abschwächen.

Doch gerade weil sich die Schauspieler nicht immer ganz ernst nehmen und ironische Elemente bewusst einsetzen, überzeugt die Inszenierung in ihrem Gesamteindruck. Eine wichtige Rolle spielen hierbei auch einige pantomimisch inszenierte Abschnitte – wie beispielsweise die Cantina-Szene – und natürlich die Slapstick-Einlagen des tollpatschigen goldenen Protokolldroiden C‑3PO und seines Partners R2-D2; hierbei spielt Schauspieler Florian Berndt nicht nur C‑3PO, sondern muss auch einen bemalten Staubsauger (in der Rolle des R2-D2) hinter sich herziehen.

Ebenso unkonventionell ist die Besetzung zweier Protagonisten: Mit Kristina Greif als Luke Skywalker und Sebastian Stahl als Prinzessin Leia werden die Geschlechterrollen vertauscht – auch in Shakespeares Theatergruppe wurden weibliche Rollen von Männern gespielt. Ein erzählender Chor und kommentierende Figuren lassen die Handlung des action-orientierten Films in einem ganz neuen Licht erscheinen und geben auch den Dialogen eine neue Bedeutung. Diese Art der Handlungsdarstellung offenbart bei Star Wars die Archetypen der klassischen Helden-Saga und schafft es so – trotz der inhaltlichen Distanz – wieder einen Bogen zu William Shakespeare zu schlagen.

Die vielen Anspielungen, sowohl auf die Star Wars-Filme als auch auf diverse Shakespeare-Stücke, erschließen sich oft nur mit Vorwissen; der Handlung des Stücks hingegen können auch Laien problemlos folgen. Wer eine tiefgreifende Aufarbeitung der Shakespeare’schen Dramen anhand von George Lucas‘ Weltraumepos erwartet, kommt zwar nicht auf seine Kosten, doch wer einen etwas anderen Blick auf die Geschichte der vierten Episode von Star Wars werfen will und sich an liebevoll detailliertem Humor mit viel Wortwitz erfreut, ist bei „Fürwahr, eine neue Hoffnung“ genau richtig.

Wer die bisherigen Aufführungen nicht ansehen konnte, hat übrigens Glück: Aufgrund des Erfolgs der Inszenierung erwägt Regisseur Frederic Heisig das Stück im kommenden Oktober erneut aufzuführen. Außerdem verriet er dem OTTFRIED, dass aufgrund der hohen Nachfrage schon die Umsetzung der fünften Episode „Das Imperium schlägt zurück“ diskutiert werde. Allerdings bisher unverbindlich und ohne festen Zeitplan. Shakespeare- wie auch Star Wars-Fans dürfen also gespannt sein…

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