Mit dem Selbsttest „Welches Uni-Klo bist du?“ hatte Kim 2019…
Seit wann gibt es die Freie Uni?
Die Freie Uni Bamberg gibt es seit den Studierenden-Protesten 2006 (nachdem die Einführung von Studiengebühren angekündigt wurde, kam es deutschlandweit im Jahr 2006 zu Protesten, Anm.d.Red.), beziehungsweise ging es dann ab 2007 los. Da wurde sie gegründet mit der Idee, dass Studierende ihr eigenes Programm – Vorträge und Inhalte, die sie selbst hören möchten – organisieren. Das fand dann zunächst in Uni-Räumen am Heumarkt statt, später dann in der Kapelle am Markushaus und irgendwann kam es dann ins Balthasar. Dort waren sowieso immer Leute aus dem engagierten Studierenden-Spektrum und dann hat sich da eine Szene gebildet. Dann konnten wir da regelmäßig Vorträge veranstalten.
Was ist das Ziel der Freien Uni? Was treibt euch an?
Also vor 15 Jahren ging es darum, sich selbst etwas beizubringen. Seit ich dabei bin, war meine Motivation immer eine Anlaufstelle für Inhalte zu bieten. Bei der können sich Leute zusammenfinden, austauschen und vernetzen. Das hat vor allem am Anfang sehr, sehr gut funktioniert, weil es eine große Szene an Unterstützer*innen gab. Die Freie Uni war dann ein Ort, bei der sich eine bestimmte Form einer linken, studentischen Subkultur gefestigt hat. Das fand ich immer spannend, weil es das meiner Wahrnehmung nach, zu meiner Studienzeit und in den Jahren danach nicht gab.
Mir hat auch immer besonders gut gefallen, dass Leute, die man kennt, Vorträge halten. Also prominente Autor*innen und Referent*innen, wo man sich dachte „cool, der spricht jetzt hier in Bamberg”. Gerade in der Anfangszeit – und dann hat man die gesehen und auch mal gemeinsam ein Bierchen getrunken. Das war auch die Motivation: die zu sehen und kennen zu lernen.
Außerdem war auch die Idee, Studis an Themen zu bringen, die ihnen noch neu sind. Viele Studis haben ja vor dem Studium noch nicht wirklich politische Erfahrungen gemacht. Da braucht es Einführungsveranstaltungen und dann muss man sowas wie Antisemitismus jedes Semester wieder neu durchdeklinieren. Früher war das mit Gender so, dass es etwas gebraucht hat, bis das bei allen angekommen war. Dabei konnten dann immer auch Fragen gestellt werden.
Das heißt die Freie Uni versteht sich auch als niedrigschwellige Anlaufstelle für politische Themen?
Naja, also nicht alle Vorträge sind niedrigschwellig. Früher gab es den Running Gag „da kann ich nicht hingehen, weil ich habe ja noch nicht Adorno gelesen”. Wir versuchen aber zum Beispiel das Programmheft leicht verständlich zu gestalten. Das lektoriere in der Regel ich und wir achten da auf eine einfache Sprache. Also Niedrigschwelligkeit ist uns schon wichtig.
Wie viele Aktive wirken im Team an beispielsweise der Programmheft-Gestaltung und den anderen Aufgaben mit?
Gerade sind wir auf dem absoluten Niedrigstand. Wir sind noch drei sehr aktive Leute und etwa zwei teilaktive Leute. Früher waren es eher sechs, sieben aktive Leute und fünf, die auch mal vorbeischauen. Also wir suchen aktuell auch nach Interessierten. Wir werden natürlich auch älter und da verlieren wir den Kontakt zu den Studierenden. Deswegen freuen wir uns über alle, die neu dazu kommen und sagen, sie möchten gerne mitmachen.
Einbringen kann man sich zum einen in der Programmplanung: Vorschläge machen, Leute kontaktieren, sich um ein fertiges Programm kümmern. Andererseits muss bei den Veranstaltungen jemand anwesend sein, den Kühlschrank füllen, Beamer anschalten und solche Aufgaben. Wir freuen uns aber auch über Leute, die uns zur Hand gehen und sich zum Beispiel mal hinter die Theke stellen.
Nehmt uns mal mit in den Planungsprozess: Wann startet ihr und wie verläuft dann das Semester?
Wenn das Semester endet, haben wir ein erstes Treffen – das ist dann meist der letzte Termin nach den Vorträgen, diesmal also der 9. Februar. Das ist unser offenes Planungstreffen, zu dem jede*r kommen kann, der*die mal reinschnuppern möchte oder uns kennen lernen möchte oder einen Vorschlag machen möchte. Wenn niemand neu dazu kommt, besprechen wir wie das vergangene Semester war.
Da kommen dann einige Ideen zusammen, von denen manche etwas werden. Allmählich gibt es dann einen Zeitplan mit allen Terminen, die man belegen will. Dann kontaktieren wir Leute, die wir gerne einladen wollen. So wird es dann ziemlich voll. Die schicken dann einen Abstract zu ihrem Vortrag, den ich dann lektoriere, weil ich nebenher freiberuflich Lektor war und bin. Dann gibt es ein „Klebetreffen“, bei dem diese Klebe-Layouts für das Programm aufgeklebt werden – das ist alles ein bisschen DIY, da haben wir immer Spaß dabei. Das ergibt dann eine Druckvorlage, die in den Druck geht. Danach muss das Programmheft nur noch verteilt werden.
Wenn dann die Veranstaltungen anstehen, kommen die Vortragenden und man geht mit ihnen essen. Sie halten ihren Vortrag und man geht eventuell etwas trinken oder bleibt im Balthasar. Manchmal frühstücken wir noch gemeinsam. Dann ist das Semester schon wieder vorbei – also man kann das gut nebenher machen, weil es nicht total stressig ist.
Wie finanziert ihr die Vorträge? Bekommt ihr Unterstützung über die Uni?
Über die Uni nur indirekt, nämlich über die Studierendenvertretung. Wir bekommen da als Referat ein gewisses Budget. Wie genau das funktioniert, weiß ich nicht. Da geht es immer ein bisschen hin und her mit der Summe, die wir bekommen.
Teilweise leben die Vortragenden auch von der Gage. Wenn die eine längere Anreise haben, sind die für einen Vortrag bei uns zwei Tage lang geblockt. Da müssen und wollen wir denen schon etwas zahlen. Das ist ja Arbeit und dann sollen die auch etwas kriegen.
Was steht dieses Semester an?
Am 24. November hält Jonas Kruthoff den Vortrag „Was ist die islamische Rechte?“. Da geht es um Inhaltsparallelen zwischen rechtem und religiösem Terrorismus. Das ist angelehnt an die Extremismus-Definition des Verfassungsschutzes mit links, rechts und religiös. Er versucht den Begriff der „islamischen Rechten“ zu etablieren.
Im Dezember spricht Felix Müller über die Männlichkeits- und Männerrollenbilder in der KPD der 1920er Jahre. Also da geht es um diese mit Straßenkampf-erprobten KPDler. Die hatten dort auch so heroische Männerbilder, die wohl auch im Widerspruch mit dem eigentlich recht progressiven Parteiprogramm standen. Trotzdem haben ganz klassische Vorstellungen eine Rolle gespielt: Tatkraft, der männliche Industriearbeiter = das Proletariat. Man kann sich darunter viel vorstellen, aber man weiß nicht so richtig viel darüber. Da bin ich total gespannt drauf.
Am 12. Januar geht es bei Simona Leyzerovich um Künstlerinnen. Darüber hat sie auch schon beim Kontakt Festival gesprochen. Sie geht die Geschichte durch und thematisiert bekannte, aber nicht als Künstlerinnen kontextualisierte Personen. Sehr interessant! Vieles wusste ich vorher nicht.
Und gegen Ende des Semesters sprechen Julia Ingold, die wir ja hier in Bamberg von der Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Literaturvermittlung kennen, und Zara Zerbe über Hexen. Der Titel ist „Hexen Flexen. Der neue Hype um antikapitalistische Magie“. Da geht es um einen Hexen-Boom in der Linken und das Buch „Hexen – Die unbesiegte Macht der Frauen“ von Mona Chollet aus 2018.
Das wirkt wie eine bunte Mischung aus Inhalten. Gibt es Themen, die ihr nicht in das Programm aufnehmen würdet?
Wir sind uns in der Regel einig darüber, welche Position wir nach außen vertreten wollen mit unseren Vorträgen, auch wenn wir nicht immer die gleiche Meinung haben. Das heißt, wir würden zum Beispiel nichts machen, was antifeministisch oder sexistisch ist. Und wir freuen uns über ein breites Spektrum auch mit Themen aus der Popkultur oder Nerdiges wie Gaming-Culture. Es muss nicht immer der politische Anspruch groß mit vornedran kleben.
Wo kann man sich weiter informieren?
Da gibt es zwei Wege. Zum einen kann man uns eine E-Mail schreiben oder uns auf Facebook und Instagram folgen und zum anderen kann man zu unseren Veranstaltungen kommen und uns ansprechen. Es ist immer mindestens eine Person von uns da, die den Vortrag moderiert und eine, die hinter der Theke steht. Keine Scheu haben – wir freuen uns darüber und warten eigentlich nur darauf, dass wir angesprochen werden!
Mit dem Selbsttest „Welches Uni-Klo bist du?“ hatte Kim 2019 ihren journalistischen Durchbruch. Seitdem schreibt unsere Oma gegen Rechts über Themen aus Kultur, Lifestyle und Politik und hat aus ihrer Liebe zu Mutter Erde die Gewächshaus Bamberg Reihe ins Leben gerufen. Mittlerweile droppt sie außerdem regelmäßig Content auf Social Media.