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Von Biersommeliers und der Drinkability.
Dunkel Hell

Von Biersommeliers und der Drinkability.

  • Im habt im Heft schon von unserem Gespräch mit David Hertl gelesen und wollt nun noch mehr Hintergrundinformation? Hier ist für euch das komplette Interview mit dem Bierbrauer und Store-Manager der Bierothek in Bamberg.

OTT: Woher kommt deine Passion für Bier?
David: Mein Vater ist Winzer, daheim haben wir auch ein kleines Weingut. Als jüngster von drei Söhnen sollte ich eigentlich Elektriker werden. Durch ein Praktikum bei einer Brauerei habe ich dann aber meine Liebe zum Bier entdeckt.

OTT: Weißt du noch, was dein erstes Bier war?
David: Gebraut oder getrunken?

OTT: Beides.
David: Getrunken hab ich logischerweise zuerst ein Scheubel-Bier, da das bei mir Zuhause die örtliche Brauerei ist. Mein erstes gebrautes Bier habe ich in der Lehre gebraut und es sollte eigentlich ein Kellerbier werden. Dabei herausgekommen ist dann allerdings ein dreifacher Bock – also doch etwas Stärkeres.

OTT: Wie kommt man darauf, Biersommelier zu werden?
David: Bereits vor meiner Ausbildung war ich schon Hobbybrauer. Nach der Berufsschule habe ich zuerst meinen Braumeister gemacht und als einer der Besten bestanden. Wichtig war mir immer die Sensorik, da die beim Bierbrauen nicht so eingebaut ist. Die Braumeister können Dir zwar sagen, wenn etwas falsch läuft, aber nie beschreiben, was an dem Produkt gut ist. Also habe ich zusätzlich noch meinen Biersommelier gemacht.
Inzwischen bin ich jüngster Braumeister und Biersommelier Deutschlands. Vor einem Jahr habe ich mich noch dazu entschieden, zusätzlich meinen Weinsommelier zu machen. Nächstes Jahr bin ich in London und werde da meine Prüfung ablegen.

OTT: Also auch ein Weinfan?
David: Die Frage stellt sich natürlich in der Familie, ob jetzt der Wein oder das Bier gereicht wird. Aber mittlerweile ist mein Vater mein Mitarbeiter und es wird Bier gereicht.

OTT: Wie reagieren die Leute darauf, wenn du sagst, du bist Biersommelier?
David: Viele kennen den Beruf gar nicht, es gibt einfach so wenige Biersommeliers und das ist das Schöne daran. Ich bereue es bis heute nicht, ich gebe viele Brauseminare und Verkostungsseminare und ersetze mit Bier ganz schnell den Wein. Und mit meinem Weinsommelier kann ich jetzt sogar beides machen.

OTT: Wo hast du deine Ausbildung zum Biersommelier gemacht?
David: Bei Doemens in München. Das ist eine Braumeisterschule, die sich darauf spezialisiert hat.

OTT: Im Ausland gibt es viele Bierfachgeschäfte, hier ist die Bierothek aber bisher einzigartig. Welche Gründe gab es für eine Eröffnung in Bamberg?
David: Vinotheken gibt es zu viele, ganz einfach.

OTT: Was bedeutet es Dir, Storemanager in der Bierothek zu sein?
David: Ich bin der Kopf hinter der ganzen Organisation. Ich bin ja auch der Braumeister für St. Erhard, habe zuhause noch eine Brauerei, die Biermanufaktur Hertl, und kümmere mich um das ganze Sortiment hier. Damit ist schon ziemlich viel abgedeckt.

OTT: Welche Leute kaufen bei euch ein? Welche Menschen möchtet ihr erreichen?
David: Wir legen den Fokus darauf, sowohl exotische Biere, als auch regionale Biersorten anzubieten. Bockbiere sind grade saisonal logischerweise da, und viele Touristen haben einen Laden vermisst, in dem man alles geballt findet, was es Gutes in der Region gibt, ohne die ganze Region abfahren zu müssen. Selbst die Bamberger kennen nicht alle regionalen Biere. Viele Sorten gehen an einem vorbei, und da ist der Bamberger einfach froh, wenn er hier reinkommt und ein Bier aus der Region findet, das er noch nicht kennt.
Bevorzugt kommen Touristen, Personen, die Geschenke suchen, oder „Biernerds“ zu uns in die Bierothek — also Bierverrückte, die einfach diese Vielfalt kennen und es schätzen, gut beraten zu werden bei einer Auswahl von über 320 Bieren.

OTT: Was ist das besondere an der Bierothek? Wie möchtet ihr euch von anderen Läden absetzen, die Bier verkaufen?
David: Ich bin Braumeister und Biersommelier, das in einem Getränkemarkt zu finden, dürfte glaube ich schwierig sein (lacht). Wenn im Getränkemarkt jemand weiß, ob das Bier bitter ist oder nicht, dann ist das schon viel. Die Menschen denken zu viel in Masse statt Klasse. Wir sind ein Getränkehandel, deshalb gibt es bei uns im Laden auch keine Kisten, und die Regale sind bei uns aufgebaut wie ein Atelier. Dienstags können unsere Gäste immer drei verschiedene Biere kostenlos probieren, einfach zum Einstieg und damit ihnen die Angst vor dem Neuen etwas genommen wird.

OTT: Was ist euer außergewöhnlichstes Bier?
David: Es gibt so viele, das ist echt schwierig. Spontan fällt mir ein Hazelnut Brown Nectar Ale von der Marke Rogue aus Oregon ein. Die brauen Bier mit Haselnüssen, was dem Ganzen eine leicht nussige, natürliche Note verleiht.

OTT: Was ist das langweiligste Bier, das ihr hier verkauft?
David: Da gibt es bei uns nichts, dafür bin ich ja zuständig (lacht)!

OTT: Was ist euer meistverkauftes Bier? Und warum gerade das?
David: Unsere Hausmarke St. Erhard verkauft sich sehr gut. Aber durch den Tourismus ist trotzdem das Schlenkerla das Bier, das wir am meisten verkaufen. Das Schlenkerla ist ja auch das weltbekannteste Rauchbier, das kann man in Sydney, in New York und in Basilien kaufen. Überall in der Welt ist ein Funken Bamberg.

OTT: Was hältst du von Bieren mit Geschmack wie zum Beispiel Zitrone, Kürbis oder Kirsche?
David: Ich halte sehr viel von Bieren, die natürlich gebraut sind. Bald braue ich zum Beispiel ein Pale Ale mit Trüffeln aus der Steiermark. So gebe ich dem Bier natürliche Aromen mit auf den Weg, ohne Einsatz von künstlichen Zusatzstoffen und Chemie.

OTT: Was sind derzeit besonders angesagte Biere oder Bierstile?
David: Jetzt kommen gerade die ganzen englischen Schwarzbiere, die man bei der dunklen, kalten Jahreszeit gut vor dem Kamin trinken kann. Da das sehr schwere und kräftige Biere sind, eignen die sich auch gut zum einschlafen (lacht).

OTT: Wer sind gerade die Trendsetter im Bereich der Braukunst?
David: Craft-Bier liegt momentan im Trend, inzwischen entsteht wöchentlich eine neue Brauerei in Deutschland und es kommen immer wieder neue Biere auf den Markt. Craft-Bier ist Handwerksbier, handwerklich gebrautes Bier. In den 80ern kam eine Hobbybrauer-Bewegung in den Staaten auf und bis dahin kannte man dort nur Biere von Firmen wie Budweiser und Miller, die alle recht gleich schmeckten. Ab da begann der Konsument, selber Bier zu brauen. Heute gibt es eine riesige Biervielfalt und ganz verrückte Biere auf der Welt.

OTT: Ist der Trend bei uns vielleicht ein bisschen verschlafen worden?
David: Man muss dazu sagen, Franken ist bei uns das gallische Dorf in Deutschland und das hat die Bierkultur immer hochgehalten. Die Biertradition und die Bierkultur ist bei uns zwar gegeben, aber die Biervielfalt ist dann doch eher mau. Aber dafür gibt es ja die Bierothek!

OTT: Große Brauereien müssen den Massengeschmack bedienen, sind also weniger speziell – worin liegt der Vorteil einer kleinen Brauerei wie St. Erhard?
David: Wir können kleinere Sude machen und können spielerisch Biere herstellen, die speziell schmecken und nicht dem Massengeschmack entsprechen.

OTT: Wie wird euer Sortiment ausgewählt?
David: In unser Sortiment wird das aufgenommen, was mir gefällt und was mir viele Braumeisterkollegen empfehlen. Natürlich gibt es auch den Fall, dass wir Biere führen, einfach weil die Konsumenten danach fragen, obwohl das Bier vielleicht gar nicht so besonders ist. Aber es muss am Ende einfach schmecken.

OTT: Was ist denn dein persönliches Lieblingsbier?
David: Gerade bin ich ein Fan von Imperial Stouts, Barley-Wine (Anm.: Eine Art Gersten-Wein) und Schwarzbier.

OTT: Trinkst du auch Scotch oder anderen Whisky? Das ist ja mit der Bierherstellung sehr eng verwandt.
David: Ich habe schon verschiedene Whisky-Biere gebraut. Teilweise braue ich meine Biere im Whisky-Fass aus, dabei heraus kommt dann z.B. ein Whisky-Doppelbock. Der einzige Unterschied besteht darin, dass der Hopfen anders ist und der Whisky destilliert wird. Wer Bier brauen kann, kann also theoretisch auch Whisky machen.

OTT: Gerade ist Bockbierzeit. Was ist dein Lieblingsbock?
David: Mein Favorit ist im Moment der Keesmann-Bock.

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