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Filmreview — Victoria & Abdul

Filmreview — Victoria & Abdul

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  • Die Geschichte über eine griesgrämige Königin, ihren verlogenen Hofstaat, eine vergammelte Mango und einen indischen Diener.

Auf einer wahren Geschichte basiert der 2017 erschienene Film „Victoria und Abdul“. Erst vor acht Jahren wurde das Tagebuch der einen Hauptfigur in Pakistan gefunden. Seine Geschichte bietet die besten Voraussetzungen für großes Kino.

Der extra aus Indien geschickte Abdul Karim soll der Königin Victoria von England und Kaiserin von Indien eine wertvolle Münze aus seiner Heimat überreichen. Als er während der Zeremonie entgegen jeder Anweisung direkten Blickkontakt mit der Königin aufnimmt, wird sie auf ihn aufmerksam. Er wird als Diener angestellt und schon bald befördert. Nun lehrt er die Königin Urdu und Weisheiten aus dem Koran. Von dort an ist sein Rufname das indische Wort für Lehrer: „Munshi“. Dass der neue Vertraute der Königin aus niederen sozialen Verhältnissen und aus Indien stammt, gefällt dem restlichen Hofstaat natürlich nicht besonders. Großer Krach ist vorprogrammiert!

Ein Film über diese Geschichte hätte so schön werden können, ein historisches Drama, eine herzerwärmende Komödie, ja sogar eine tragische Liebesschnulze (wäre Victoria doch nur 50 Jahre jünger gewesen). Dass aus all dem nichts wird, liegt eher an der etwas lahmen Inszenierung und Erzählstruktur als an den Schauspielern. Die beiden sehr verschiedenen Hauptcharaktere Abdul und Victoria werden sehr gut von Ali Fazal und Judi Dench verkörpert. Ernsthafter Spannungsaufbau wird aber bis in die zweite Hälfte durch die seichte Erzählweise verhindert. Vieles wirkt nicht besonders originell, weder die Erzählweise, noch die Nebencharaktere. Die meisten Witze schaffen es kaum, einen Lacher zu provozieren. Selbst die schönen, wenn auch nur bedingt einfallsreichen Szenenbilder von Spaziergängen in königlichen Gärten, einem Ausflug in die schottischen Highlands oder der geschäftigen Dienerschaft in den feinen Gemächern können es kaum rausreißen.

Wieso also schaut man diesen Film doch? Erstens ist „Victoria und Abdul“ trotz einiger ernster Passagen ein träumerischer Wohlfühl-Film. Themen wie der ausufernde Imperialismus des Empires, größere kulturelle Differenzen oder Rassismus werden nur begrenzt angesprochen. Gerade deswegen fühlt sich der Zuschauer nicht ernsthaft verpflichtet großartig nachzudenken. Zweitens hat die Beziehung zwischen dem Munshi und der Königin etwas eigentümlich Faszinierendes, sodass es Spaß macht, die wachsende Vertrautheit der beiden zu verfolgen. Drittens fängt die Handlung irgendwann doch an, ansatzweise zu fesseln und jeder will nun wissen, was aus dem guten „Munshi“ wird. Muss er gehen? Darf er bleiben, empfängt er sogar den Ritterschlag? Angenehm für alle, die einfach gerne seicht unterhalten werden und sich dabei noch ein bisschen in den nächsten Urlaub (wahlweise Indien oder Großbritannien) hineinträumen wollen.

Menü zum Film:

Es wird ausdrücklich empfohlen, sich ein kleines indisches Dinner mitzubringen. Wenn das nicht geht, doch bitte wenigstens eine frische Mango.

Trinkspiel:

Level 1: Jedes Mal, wenn das Wort „Munshi“ fällt, nimmst du einen Schluck von deinem Getränk.
Level 2: Trink einen Kurzen, wenn die Königin und der Munshi sich besonders intensiv in die Augen schauen.

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