Elisabeth Offial, Jahrgang '97, hat nach einem kurzen Umweg über…
Christian, was ist mit dem Goldenen Reiter nach der Preisverleihung passiert?
Christian Beyer: Momentan steht er wohlbehütet in seiner Glas-Box auf meinem Klavier, das wiederum eine Whiskey-Bar ist. Er ist also in guter Gesellschaft mit hochwertigem Scotch und ich glaube, da geht es dem Bamberger Reiter auch ziemlich gut. Ich hätte aber auch große Lust, ihn einfach zu essen. (Anm. d. Red.: Der Bamberger Reiter besteht aus Schokolade.)
Was macht die Bamberger Kurzfilmtage für dich zu etwas Besonderem?
Christian Beyer: Zum einen sind sie das älteste Kurzfilmfestival Bayerns – die hat man auf dem Schirm. Das ist eine gewachsene Instanz. Für mich als Bamberger ist es natürlich toll, dass man hier vor Ort so ein cooles Festival hat. Zum anderen erfährt man, dass das – ähnlich wie beim Kontaktfestival — alles aus Eigenleistung entsteht. Das ist einfach Herzblut. Es wirkt dadurch natürlich an ein, zwei Stellen selbst gemacht, aber das finde ich persönlich sehr sympathisch.
Mit deinem Film “Ernten was man sät” hast du die Jury überzeugt. Woher kam die Idee?
Christian Beyer: „Ernten was man sät“ ist ein Film, der Menschen in Bamberg porträtiert, die sich das erste Mal in ihrem Leben mit dem Thema Nahrungsmittelproduktion beschäftigen. Man sieht, wie sich ihre Wahrnehmung von Lebensmitteln komplett verändert. Von einer Idee kann man da eigentlich gar nicht sprechen; es kam die Mitgründerin des Selbsterntegartens auf mich zu und erzählte mir von ihrem Projekt. Sie fragte, ob ich nicht vielleicht Interesse hätte, mir das mal anzuschauen. Ich bin hingegangen und habe schnell festgestellt: Das ist eine Story. Und vor allem: Das ist eine richtig gute Möglichkeit, meine neue Kamera auszutesten.
Das ganze ging dann über sieben Monate, ungefähr jeden zweiten Tag war ich auf diesem Feld.
Was reizt dich persönlich am Filmedrehen?
Christian Beyer: Geschichten erzählen. Ich liebe Geschichten. Viele sagen, sie lieben geskriptete Spielfilmideen. Auch ich schaue gerne Filme und Serien — aber ich stehe vor allem auf echte Geschichten, also Geschichten von echten Menschen in echten Lebenssituationen. Das ist der Reiz für mich: Ich kann dadurch immer wieder in etwas ganz Neues eintauchen, es erleben und erlernen. Das ist für mich die große Stärke am Dokumentarfilm.
Welche Eigenschaften muss man mitbringen, um Filme drehen zu können?
Christian Beyer: Offen dafür sein, sich ständig selbst zu verändern, ständig neu zu lernen. Bereit sein, Fehler zu machen. Wenn ich in irgendetwas richtig gut werden will, dann muss ich Fehler machen. Je mehr desto besser, aber es dürfen nicht immer die gleichen sein. Ich bin Autodidakt, habe mir alles selbst beigebracht. Je weiter man kommt, desto öfter lernt man Personen kennen, die besser sind als man selbst. Dann fragt man natürlich nach, lässt sich Dinge erklären. Und man muss auf jeden Fall bereit sein, zu arbeiten, wenn andere schon Feierabend haben. Generell ist für das waschechte Filmemachen meiner Meinung nach jeder geboren.
Woran erinnerst du dich spontan am meisten, wenn du an die Kurzfilmtage denkst?
Christian Beyer: Es gab bei der Preisverleihung ein Kommunikationsproblem und ich war sicher, nicht gewonnen zu haben. Ich war zusätzlich extrem krank und bin dann nach Hause gegangen. Abends saß ich auf dem Sofa und bekam eine WhatsApp: „Hey herzlichen Glückwunsch! Du hast gewonnen! Dein Film läuft gerade.“ Der erste Moment war Schock, der zweite Moment war Freude und der dritte Moment war absolute Frustration. Am nächsten Tag hat mich der Festivalleiter dann nochmal auf die Bühne geholt, mir den Preis offiziell verliehen. Am Schluss war es eine lustige Geschichte – auch heute noch.
Welche Auswirkungen haben die Kurzfilmtage immer noch auf deine Arbeit?
Christian Beyer: Ich habe aktuell einen Auftrag, der nur möglich wurde, weil ich meinen Film in Bamberg vorgeführt habe. Ich habe das als ganz wichtigen Rückenwind für mich gesehen. Als Zeichen, dass ich auf der richtigen Spur bin. Noch lange nicht da, wo ich hinmöchte — aber es ist die richtige Entwicklung. Die Bamberger Kurzfilmtage sind für mich eine zusätzliche Initialzündung gewesen, sodass ich weiter Filme drehen werde, mich mehr austauschen und mehr Netzwerkarbeit betreiben werde.
Wenn dich jemand fragt, was du beruflich machst – was genau antwortest du?
Christian Beyer: Ich bin freiberuflicher Kameramann und Filmemacher, mache zum Beispiel regelmäßig die Livekamera bei den Basketballspielen von Brose Baskets. Das ist dann nicht Kunst, sondern Brötchenverdienen. Dazu unterrichte ich seit 3 Jahren an der Akademie für neue Medien in Kulmbach. Das waschechte Filmemachen ist der Bereich, von dem allein ich niemals leben werde. Das wäre das große Ziel, dahin zu kommen — aber das ist unheimlich schwierig bis gar nicht möglich.
Trifft man dich dann an den nächsten Kurzfilmtagen?
Christian Beyer: Ich habe auf jeden Fall Lust hinzugehen. Diesmal nicht als Filmemacher, ich habe keinen Film eingereicht. Was mich ärgert, deswegen habe ich mir für nächstes Jahr auferlegt, wieder einen zu drehen.
Hast du abschließend noch einen Filmtipp für uns?
Christian Beyer: Wie viel Zeit habt ihr? (lacht) Also, wo fangen wir denn da an… Der absolut erste Film, der mir gerade in den Kopf gekommen ist: Ghosts of Cité Soleil. Der spielt in den haitianischen Slums und es werden zwei Brüder porträtiert, die in verfeindenden Gangs die Gangleader sind. Unheimlich mitreißend und spannend. Und definitiv die Dokumentation über Edward Snowden von Laura Poitras — also die echte, die es kostenlos im Netz gibt. Den müsst ihr sehen, das ist ein Zeitdokument.
Die Bamberger Kurzfilmtage finden vom 21.01. – 27.01.2019 statt.
Elisabeth Offial, Jahrgang '97, hat nach einem kurzen Umweg über die Naturwissenschaften ihre Liebe und Leidenschaft für den Journalismus gefunden. Wenn es nach ihr ginge, wären alle großen Medienhäuser in Oberfranken stationiert, damit sie ihre heiß geliebte Heimat niemals für ihre Karriere verlassen muss.