Laura Weinmann, `99 im Schwabenländle geboren, versucht seit 2018, die…
Dies ist ein Kommentar, der sich schon eine Weile angebahnt hat. Das ganze letzte Semester über, um genau zu sein. Ich schreibe diesen Kommentar, weil ich mich verzweifelt fühle, vielleicht sogar verängstigt, weil ich voller Unsicherheit bin und weil ich der Zukunft mit Bange entgegensehe. Und dabei trifft mich die aktuelle Situation nicht einmal so schwer. Mein Nebenjob war nie wirklich gefährdet, ich muss nicht explizit darauf achten, dass mir das Geld noch zum Leben reicht und ich bin nicht systemrelevant. Ich studiere schon ein paar Semester, ich habe schon Freund*innen, ich kenne die Stadt. Ich habe viel weniger Grund mich zu beschweren und mich schlecht zu fühlen als viele andere Menschen, die ich kenne. Vermutlich viel weniger Gründe, als die meisten die ich kenne: Denn alles was ich tun muss, ist daheim zu bleiben.
Ich schreibe diesen Kommentar, weil ich mich verzweifelt fühle und voller Unsicherheit bin.
Trotzdem geht es mir schlecht mit der aktuellen Situation. Ich fühle mich im Stich gelassen und irgendwie vergessen. Ich sitze seit Monaten eigentlich nur zu Hause, denn von hier aus studiere ich, von hier aus arbeite ich und hier findet momentan mein gesamtes Leben statt. Ich weiß nicht, wie das nächste Semester stattfinden wird. Es soll ein Hybrid-Semester sein, flexibel; und am Montag soll es anfangen, in ganz Bayern. Seit wenigen Wochen steigen die Infektionszahlen aber wieder stark an und jeden Tag meldet das RKI mehr Neuinfektionen, fast 15.000 allein heute. Doppelt so viel wie im April. Jeden Tag überschlagen sich neue Nachrichten darüber, welche Bereiche des öffentlichen Lebens nun von den Infektionsschutz-Maßnahmen betroffen sind. Die Gastronomie, der Einzelhandel, die Wirtschaft, Schulen und Kitas. Nur ein Bereich kommt irgendwie nie vor: Die Universitäten und Hochschulen.
Von hier aus findet momentan mein ganzes Leben statt
Doch auch Angehörige der Universitäten sind verunsichert, besonders wir Studierenden, aber bestimmt auch die Lehrenden, besonders im Mittelbau, die auch nicht mehr wissen als wir. Aber wir wollen wissen, müssten wissen, wie es weitergeht. Dabei sind wir auf Informationen von anderen angewiesen. Von Seiten der Universität selbst kommen sehr wenige, sehr sporadische Updates, die nicht wirklich Klarheit schaffen und mich mehr verunsichern als beruhigen. Das letzte Update zur allgemeinen Situation an der Uni Bamberg ist vom 29. Juni. Regelmäßige Nachrichten habe ich schon im letzten Semester vermisst, jetzt aktuell noch mehr, denn die Situation ist keine vollständig neue mehr. Und auch von Seiten des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus oder wem auch immer sind klare Äußerungen nicht zu erwarten, zumindest erwarte ich keine mehr.
Von uns Studierenden wird erwartet, abzuwarten was kommt oder eben nicht kommt
Allen voran von uns Studierenden wird jedoch erwartet, abzuwarten, was da noch so kommt, oder eben nicht kommt; egal, was das für uns bedeutet. Hausarbeiten und Klausuren weiterschreiben, Praktika organisieren, Fristen einhalten und mit all dem klarzukommen, was gerade sonst noch los ist. Das ist für alle aktuell viel, egal wer es ist und was er*sie macht.
Ich habe kein Problem damit, Zuhause zu bleiben. Keins damit, überall Maske zu tragen. Keins damit, kaum noch Leute zu treffen und meine Familie kaum zu sehen. Doch die Ungewissheit, die Unsicherheit und das Nichts-Wissen nagen an mir. Schon seit einigen Monaten ist das so und in letzter Zeit noch mehr. Und ich glaube, dass es vielen so geht und dass sich viele allein fühlen und irgendwie im Stich gelassen. Von niemandem bestimmten, aber irgendwie von allen und allem; zumindest geht es mir so. Ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann. Deswegen schreibe ich diesen Kommentar. Damit sich jemand, wenn auch nur eine Person, in diesen Worten wiederfindet, und denken kann „Ich bin nicht allein“. Und dass ich mich ein bisschen weniger allein fühle, weil vielleicht sonst noch jemand so denkt wie ich.
Wie geht es euch mit der Situation? Wenn ihr Gedanken mit uns teilen wollt, schreibt gerne einen Kommentar oder schickt uns eine Nachricht.
Laura Weinmann, `99 im Schwabenländle geboren, versucht seit 2018, die Kehrwoche auch in Franken zu etablieren. Laut ihrer Mutter hat sie eine „Schwertgosch“, also die Extremform einer großen Klappe, und was sonst könnte man damit anstellen, als sie beim Ottfried einzubringen? Nebenbei studiert sie auch noch Germanistik, Geschichte und Politik, arbeitet dabei aber eigentlich nur darauf hin, ihr geistiges Alter von 76 auch körperlich zu erreichen.