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Filmreview: Spectre — Der Autor der Schmerzen
Dunkel Hell

Filmreview: Spectre — Der Autor der Schmerzen

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  • Zum nunmehr vierten — und voraussichtlich letzten — Mal schlüpft Daniel Craig in die Rolle des wohl bekanntesten und potentesten Geheimagenten der Welt: 007 oder besser bekannt als Bond … James Bond.

Nach den Welterfolgen Casino Royale (2006), Ein Quantum Trost (2008) und Skyfall (2012), stellt Spectre das große Finale der Tetralogie und den Abschluss der am längsten andauernden kohärenten Handlungsreihe des Franchises dar, in welchem Bond endlich dem großen Bösen gegenübertritt, das wie ein Gespenst (engl. „spectre“) über drei Filme hinweg wie ein Schatten den Handlungen des Agenten folgte und für all sein Leid verantwortlich ist.

Nach dem Tod von M (Judi Dench), der Leiterin des britischen Geheimdienstes MI6, begibt sich Bond auf eine unautorisierte Mission nach Mexiko-Stadt, aufgrund deren aufsehenerregenden Ausgangs er vom neuen Oberhaupt der Einrichtung (Ralph Fiennes) vom Dienst suspendiert wird. Dies hindert Bond jedoch nicht daran, seinen Auftrag auf eigene Faust weiter zu verfolgen, in dessen Verlauf er nach Rom gelangt, wo er schließlich auf die Geheimorganisation S.P.E.C.T.R.E. trifft, ein weltweit operierendes Terrornetzwerk, dessen Vorsitz ein Mann aus Bonds Vergangenheit inne hat: Franz Oberhauser (Christoph Waltz). Während Bonds Aufenthalt in der ewigen Stadt bahnt sich ein Paradigmenwechsel beim MI6 an. Die ganze Einrichtung, einschließlich des Doppelnull-Programms, soll auf Initiative von Max Denbigh bzw. C (Andrew Scott) für obsolet erklärt und ad acta gelegt werden, um anstelle dessen einen totalen Überwachungsstaat nach dem Vorbild George Orwells (1984) zu errichten. Davon unbehelligt setzt Bond seine Operation mithilfe des Quartiermeisters Q (Ben Whishaw) und dem neuen Bond-Girl Madeleine Swann (Léa Seydoux), die Tochter des Widersachers aus Ein Quantum Trost, fort. Diese soll 007 dabei unterstützen, sein Ziel zu erreichen: Franz Oberhauser aufzuspüren und zu exekutieren.

„Ich war es von Beginn an. Der Autor all deines Schmerzes.“
— Franz Oberhauser

Wie es sich für einen Agententhriller vom Kaliber eines James Bond gehört, wird auch hier ein regelrechtes Actionfeuerwerk abgebrannt. Ob zu Fuß, im Helikopter, im Sportwagen, im Zug oder im Flugzeug, Spectre deckt alles ab, was Genrefans erwarten. Allerdings treten die Actionsequenzen und typischen amourösen Eskapaden etwas in den Hintergrund, denn die wahren Highlights des Films stellen die Dialoge dar, welche ihre Qualität primär aus der Leistung der Schauspieler beziehen. Neben dem überzeugenden Daniel Craig sticht vor allem Christoph Waltz’ Darstellung des Antagonisten heraus; unnachahmlich pendelt er zwischen Genie und Wahnsinn. Die überragende schauspielerische Leistung täuscht auch über die manchmal etwas wirre und an den Haaren herbeigezogene Geschichte — wie z.B. die Verbindung zwischen Bond und Oberhauser — hinweg. Als einzig große Schwachstelle ist jedoch der Titelsong „Writings on the Wall“ von Sam Smith zu nennen. Diesen hat der Sänger angeblich in nur 20 Minuten komponiert, was man dem uninspirierten Arrangement jedoch auch anhört. Spätestens nach Adeles Skyfall, dem Titeltrack des gleichnamigen Vorgängerfilms, ist ein solches Stück nicht mehr akzeptabel.

Es existiert das ungeschriebene Gesetz, dass auf einen guten Bond-Film ein schlechter folgt; dies trifft bei Spectre nur bedingt zu. Zwar erreicht er nicht ganz die Qualität von Casino Royale und Skyfall, ist aber dennoch ein sehr guter Film und übertrifft Ein Quantrum Trost um Längen. Neben glaubhaften Darstellern und eindrucksvollen Actionsequenzen, wird auch ein Kommentar auf die NSA- und Datenschutzdiskussion offeriert, der andeutet, wie ein System totalitärer Überwachung auf staatlicher Ebene aussehen könnte.

Filmmenü:
Frei nach 007 sollte der geschüttelte Vodka Martini das Getränk der ersten Wahl sein. Hinsichtlich des Essens ist jegliche Art von Finger Food zu empfehlen, das beim Verzehr nicht allzu sehr vom Film ablenkt.
Viel wichtiger ist die angemessene Aufmachung, denn was wäre James Bond ohne einen Anzug und ansehnliche Begleitung?

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