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Short. Message. Sex.
Dunkel Hell

Short. Message. Sex.

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In einer Januarnacht von Samstag auf Sonntag kommt die erste Nachricht. Fremde Nummer. Kurz gelesen, ignoriert und schlafen gegangen. Um zehn Uhr morgens kommt die nächste SMS von einer mir unbekannten Nummer. Im Laufe des Tages werden die Nachrichten immer eindeutiger. Als einer der SMS-Verfasser mich dazu auffordert, meine Fantasien mit ihm auszuleben, wird mir flau im Magen. Woher haben diese Typen meine Nummer? Ich google, schon der erste Treffer zeigt Fotos einer Unbekannten, die großzügig ihr Dekolleté präsentiert. In ihrer Kontaktanzeige für eine Sexbeziehung ist meine Handynummer zu lesen – ein Zahlendreher. Wut steigt in mir auf. Ich versuche die Frau zu kontaktieren, um sie auf ihren Fehler aufmerksam zu machen, erhalte aber keine aufschlussreiche Antwort. Um irgendwie meine Nummer dort wegzubekommen, benutze ich den Kontaktbutton der Seite und melde den Missbrauch. Am Montagmorgen erreicht mich eine Mail des Betreibers. Die Anzeige ist gelöscht, das dazugehörige Profil auch. Mir fällt ein tonnenschwerer Stein vom Herzen.

Huhu Lina, hier ist Guido aus dem Chat

Der Frieden währt ganze zwei Tage. „Huhu Lina, hier ist Guido aus dem Chat“, wieder eine Nachricht eines mir völlig unbekannten Typen. Es soll nicht die einzige bleiben. Inzwischen bin ich ziemlich verzweifelt und verliere langsam aber sicher die Nerven. Ich entschließe mich, meine Nummer zu ändern und rufe bei meinem Anbieter an. Der sagt mir, das sei leider nicht möglich, weil das in meinem Vertrag nicht angeboten werde. Einziger Ausweg scheint eine Anzeige bei der Polizei zu sein. Dort fragt der Kommissar natürlich nach allen Details, beispielsweise ob es jemanden gebe, der mir Böses wolle. Als ich ihm die Geschichte erzähle, kommt alles wieder in mir hoch. Die Panik bei jedem Handyklingeln. Die Ungewissheit, was diese Typen durch meine Handynummer noch über mich herausfinden könnten. Vor Angst breche ich in Tränen aus. Der Kommissar ist sehr verständnisvoll und beruhigt mich, sagt mir aber auch, dass die Anzeige gegen Unbekannt vermutlich im Sande verlaufen werde.

Nach dem Besuch bei der Polizei setze ich, etwas zuversichtlicher, einen Brief an meinen Vertragsanbieter auf, um eine neue Nummer zu beantragen. Mit einer polizeilichen Anzeige sollte das wohl möglich sein. Fünf Tage später werde ich in einer kurzen Mail erneut darüber aufgeklärt, dass mir laut meinen Vertragsbedingungen leider keine neue Nummer zustehe. Sauer und enttäuscht schließe ich meinen Laptop. Ich frage mich, warum ich mir die Mühe gemacht habe, Anzeige zu erstatten. Mein Anbieter will mir nicht helfen, die Polizei kann mir nicht helfen und das Internet bietet auch keine zufriedenstellende Lösung an. Ich bin fassungslos, dass es wirklich so einfach ist, jemanden dem sexgeilen SMS-Terror auszusetzen. Ein paar Zahlen und ein dummer Zufall sorgen dafür, dass ich nun nicht mehr weiter weiß. Vor ein paar Wochen kam der Brief der Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen Unbekannt sei eingestellt. Bereits kurze Zeit nach Erhalt des Briefes klingelt erneut mein Handy. Wieder eine SMS. Wieder kenne ich den Absender nicht, und wieder ist der Inhalt mehr als fragwürdig. Ich bin ratlos.

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